Das neue Format der Basketball Euroleague ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten
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“Das ist ohne Zweifel seit der Gründung die bedeutendste Entscheidung in der Geschichte der Euroleague” – starke Worte, die da Jordi Bertomeu gestern vom Stapel ließ. Der Präsident der Euroleague Basketball sprach dabei von der Reform der Euroleague, die ab der kommenden Saison 2016/2017 mit einem vollkommen neuen Konzept an den Start gingen. Beschlossen wurde dies von den elf Vereinen mit der A Lizenz der Euroleague:
- Real Madrid (Spanien)
- FC Barcelona (Spanien)
- Laboral Kuxta Baskonia (Spanien)
- ZSKA Moskau (Russland)
- Panathinaikos Athen (Griechenland)
- Olympiakos Piräus (Griechenland)
- Maccabi Tel Aviv (Israel)
- Zalgiris Kaunas (Litauen)
- Anadolu Efes Istanbul (Türkei)
- Fenerbahce Istanbul (Türkei)
- EA7 Emporio Armani Mailand (Italien)
Diese Vereine haben einen Zehnjahresvertrag mit dem Sportvermarkter IMG geschlossen und dabei das neue Format aus der Taufe gehoben. Dieses sieht vor, dass künftig nur noch 16 statt bislang 24 Vereine in der Euroleague spielen. Dabei erhalten die elf A Lizenz Eigentümer automatisch für alle zehn Jahre das Startrecht – ganz gleich, wie sie sportlich abschneiden! Ein Hohn! Zudem qualifiziert sich noch der Sieger des Eurocups, vergleichbar mit der Europa League im Fußball, für die Euroleague – kann dort aber dann nur ein Jahr spielen, da er dann im nächsten Jahr wieder kein Startrecht hat. Zudem sollen drei Landesmeister noch die Startberechtigung erhalten – wobei noch nicht kommuniziert wurde, oder gar überhaupt nicht feststeht, um welche Ligen/Länder es sich handelt. Zu guter Letzt wird sich nach dem jetzt vorgestellten Format der Sieger eines Turniers mit acht weiteren Mannschaften für die Euroleague qualifizieren. Auch hier lässt die Euroleague uns alle im Dunkeln, vielleicht muss ja erst erörtert werden, welche acht Mannschaften das meiste Geld auf den Tisch legen, um das Startrecht zu erhalten. Die 16 Vereine spielen dann in der kommenden Saison jeweils mit Hin- und Rückspiel im Format jeder gegen jeden. Danach geht es für die besten acht der 16 Clubs in die Playoffs, um den neuen Euroleague Sieger zu ermitteln.
Dass angesichts eines solchen Turnierformats ein Jordi Bertomeu ins Schwärmen gerät ist die Spitze des Eisbergs. Nun ja, da sein katalanischer FC Barcelona mit von der Partie ist, wundert das nur wenig. Was das alles aber noch mit Sport zu tun hat, ist doch fraglich.
Die großen Verlierer der Euroleague Reform
Diese Reform der Basketball Euroleague ruft viele Verlierer hervor. An erster Stelle ist da die FIBA zu nennen. Denn der Weltverband im Basketball hatte Pläne vorgelegt, eine Champions League zu veranstalten. Doch die vermeintlichen europäischen Spitzenclubs haben dies mit ihrer Reform nun komplett abgeschmettert. Weitere Verlierer sind zudem einige Clubs, wobei dies vor allem beim aktuellen Blick auf die Tabellen der Euroleague Vorrunde doch sehr paradox ist. Denn bislang gibt es in dieser Saison 2015/2016 nach vier Spieltagen der Gruppenphase drei Teams, die noch ohne Niederlage sind. Neben dem ZSKA Moskau sind dies Unicaja Málaga und Lokomotiv Kuban Krasnodar aus Spanien und Russland. Beide Teams werden damit wohl kaum in den Europacup „absteigen“ nach der Zwischenrunde – und nehmen sich damit selbst die Chance, eventuell als Eurocup Sieger im kommenden Jahr an der Europa League teilzunehmen, weil Sie sportlich zu stark sind!!! Hirnverbrannter geht es wohl kaum mehr.
Zudem dürften sich im Normalfall einige Vereine wie
- Dinamo Sassari
- KK Cedevita
- Stelmet Zielona Góra
- Roter Stern Belgrad
- Limoges CSP
und andere aus der Euroleague nach der Reform verabschieden. Natürlich kann nun das Argument ins Feld geführt werden, dass diese Clubs sowieso sportlich abgeschlagen sind und keine Chance auf den Triumph haben. Aber mal ganz ehrlich, was wäre die UEFA Champions League im Fußball ohne Teams wie
- Malmö FF
- FK Astana
- PSV Eindhoven
- BATE Baryssau
- Olympique Lyon oder
- Dinamo Zagreb
?
Sind es nicht Ergebnisse wie das 0:0 von Astana gegen Atletico Madrid, das 0:0 von Dynamo Kiew gegen den FC Chelsea oder das 2:1 von Dinamo Zagreb gegen den FC Arsenal, über die die Fans reden?
Darum kümmern sich die Vertreter der Basketball Euroleague aber überhaupt nicht und verlassen nun den Fairplay Gedanken, um sich ausschließlich dem Kommerz hinzugeben.
Die Situation der Euroleague aus deutscher Sicht
Einer der Verlierer dieses neuen Modells ist auch das deutsche Basketball. Denn in dieser Saison beispielsweise sind mit den Brose Baskets aus Bamberg als Deutschem Meister und dem FC Bayern München als Wild Card Inhaber gleich zwei deutsche Vereine vertreten unter den besten 24 Mannschaften. Sportlich werden die beiden deutschen Clubs zwar keine Rolle spielen, doch in der vergangenen Woche erste konnte der FC Bayern München beispielsweise dem Titelverteidiger Real Madrid die Stirn bieten. Ein Dreier von Jaycee Caroll in der Schlusssekunde der Partie sorgte für den 101:99 Erfolg für die Königlichen gegen ein stark aufspielendes Bayern München.
Doch in der kommenden Saison werden wohl kaum zwei Clubs aus der BBL mit von der Partie sein in der Euroleague. Selbst ob es einen deutschen Vertreter gibt, steht noch nicht fest. Grundsätzlich darf damit gerechnet werden, dass zumindest der deutsche Meister künftig mit von der Partie ist. Denn viele Medien spekulieren damit, dass einer der drei Landesmeister sicherlich der deutsche Meister sein wird. Rein sportlich spricht da nicht unbedingt viel dafür, doch einer der Sponsoren der Euroleague ist immerhin adidas, zudem natürlich Deutschland ein finanzkräftiger Markt, den sich die Liga sicherlich nicht verbauen will, auch wenn der Großteil der Sponsoringeinnahmen aus der Türkei oder Russland stammen. Sicher ist es aber natürlich nicht, selbst eine Euroleague ohne deutschen Verein ist grundsätzlich denkbar. Dass es aber zwei werden wie in dieser Saison scheint fast komplett ausgeschlossen, außer
- ALBA Berlin
- ratiopharm Ulm
- Telekom Baskets Bonn
- EWE Baskets Oldenburg oder
- MHP Riesen Ludwigsburg
gewinnt den Eurocup – was doch eher unwahrscheinlich ist angesichts der Konkurrenz wie
- Valencia BC
- Herbalife Gran Canaria
- UNICS Kasan
- Zenit Sankt Petersburg oder
- Galatasaray Istanbul.
Deswegen dürfte man in Deutschland schon froh sein, wenn überhaupt ein Team 2016/2017 mit von der Partie ist.
Darüber beschert das neue Format der Euroleague dem deutschen Basketball ein weiteres Problem. Denn sollte die beschlossene Reform tatsächlich so wie geplant umgesetzt werden, hätte dies auch auf die BBL Auswirkungen. Bereits jetzt soll es dem Vernehmen nach in den BBL-Gremien schon Diskussionen geben über alternative Spielpläne. Dabei werden sicherlich die Brose Baskets, der FC Bayern München und ALBA Berlin noch mehr auf die Verkleinerung der BBL von 18 auf 16 Clubs drängen, sodass die unsinnige Euroleague also nicht nur Auswirkungen auf die vermeintlichen kleinen Clubs in Europa hätte, sondern sogar auf die kleineren Clubs in nationalen Ligen wie in Deutschland. So sagte Bambergs Manager Rolf Beyer klipp und klar:
“Kommt die neue Euroleague, wäre es aber ein notwendiger Schritt, die Liga zu verkleinern”.
Ob da die kleinen Clubs mitspielen werden? Dies dürfte die Vertreter von Real Madrid, ZSKA Moskau oder Maccabi Tel Aviv herzlich wenig interessieren, blicken Sie doch selbst vor allem auf ihre eigenen Taschen.
Der finanzielle Aspekt steht natürlich im Vordergrund
Denn dass die großen europäischen Clubs nicht nur dem sportlich fairen Wettbewerb in Europa das Licht ausknipsen, sondern auch die Existenz kleiner Clubs in Europa damit in Frage steht und manch anderer Club wie eben Unicaja Málaga, Lokomotiv Kuban Krasnodar oder Roter Stern Belgrad doch enorm benachteiligt wird, stört die führenden Clubs wie den FC Barcelona Lassa, Olympiakos Piräus oder Zalgiris Kaunas nur wenig. Sie blicken vor allem darauf, das eigene Budget immer weiter auszubauen. Denn Medienberichten aus Spanien zufolge werden jedem der elf Topclubs €40 (!) Millionen pro Jahr garantiert! Zwar liegen uns keine detaillierten Zahlen vor, doch nimmt den FC Bayern München, ALBA Berlin und die Brose Baskets weg, dann könnte das der Wert des Gesamtetats der restlichen BBL sein, was die Euroleague Clubs pro Jahr als Garantiesumme erhalten. Kein Wunder also, dass die großen europäischen Clubs diesem neuen Format zustimmen, auch wenn es der Untergang für den Basketball in Europa ist.
Der Unsinn in Zahlen
Zu guter Letzt wollen wir an dieser Stelle den Unsinn nochmals in Zahlen verdeutlichen. Beginnen wir damit, dass Europameister Spanien zwar künftig drei Clubs stellt, was natürlich Sinn macht. Dass aber Club drei dabei Laboral Kutxa Baskonia dabei ist, ist lächerlich. Denn die Basken wurden in den vergangenen drei Jahren in der Vorrunde jeweils Fünfter und Sechster und scheiterten dann im Viertelfinale. Dagegen beispielsweise wurde Valencia BC Dritter, Vierter und Sechster und erreichte zwei Mal das Halbfinale, auch Unicaja Málaga stand in den vergangenen beiden Spielzeiten jeweils im Halbfinale.
Weitere Fakten, die aufzeigen, wie aus sportlicher Sicht viel Unsinn hinter der neuen Euroleague steckt, zeigt der weitere Blick auf die führenden Basketballnationen in Europa. Frankreich beispielswiese ist regelmäßig top bei Welt- und Europameisterschaften und aktuell Dritter der EM 2015 geworden – aber nicht in der neuen Euroleague vertreten. Auch das Viertplatzierte Serbien ist mit keinem Club dabei, dafür aber das im Viertelfinale gescheiterte Griechenland mit zwei Vereinen und die bei der EM sogar im Achtelfinale gescheiterte Türkei sogar ebenfalls mit zwei Clubs.