Wer am 22. Oktober die Pressekonferenz des DFB mit dem Präsidenten Wolfgang Niersbach an seiner Spitze, verfolgt hat, dürfte im Nachhinein nicht viel schlauer aus der Show herausgegangen sein, als er hereingekommen ist. Was blieb, war der Eindruck, dass der anfangs noch erhaben sitzende und sich als Aufklärer wahrnehmende Niersbach zum Ende der Pressekonferenz sichtlich in seinem Stuhl verschwand und wohl eher im Erdboden versinken wollte. Doch was erhoffte sich der als hauptverantwortlich Vermutete Niersbach von dieser Pressekonferenz? Wollte er sich mit seinem Vorhaben, die Öffentlichkeit zu informieren, gut stellen? Gut stellen, indem er die Bedenken der Übrigen teilt und klarstelle, dass in seinem Kopf ebenso viele Fragezeichen herumschwirren, wie bei allen anderen?
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Eine Zusammenfassung der Pressekonferenz

FIFANiersbach war von Anfang an bestrebt, die Situation aus seiner Sicht richtig zu stellen. Er berief sich auf seine Erinnerungen und auf solche Informationen, die er selbst erst seit einigen Tagen habe. Schwarze Kassen habe es niemals gegeben und auch ein Stimmenkauf habe zu keiner Zeit stattgefunden. Im Verlaufe seiner Erklärungen nannte er weitere Namen, wie Beckenbauer und Blatter, die seiner Meinung nach mit der Korruptionsaffäre in Verbindung stünden. Auch die FIFA wurde nicht geschont. Seiner Aussage nach, habe die FIFA in Aussicht gestellt, sich mit einem Zuschuss an der Austragung der WM 2016 zu beteiligen – als Vorschuss sollte die Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro herhalten. Und nun kommt Franz Beckenbauer ins Spiel: Er habe sich bereiterklärt, diese Zahlung zu übernehmen – aus seinem Privatvermögen versteht sich. Weil Beckenbauers seinerzeitige Manager Robert Schwan wohl einer der wenigen Schlauen war, riet er ihm von diesem Vorhaben wohl aber ab. Daraufhin nahm man Kontakt mit dem Privatier Dreyfus auf. Auf welches Konto dieser letztlich die Zahlung leistete, sei Niersbach nicht bekannt. Die spätere Rückzahlung des Millionenbetrages sei aber lückenlos über die Jahresabschlüsse des DFB prüfbar. Allerdings sei diese nicht direkt an Dreyfuß vorgenommen worden, sondern an die FIFA. Alles also nur ein großes Missverständnis? Niersbach jedenfalls hat sich viel Mühe gegeben, der gesamten Angelegenheit aus Sicht des DFB die Brisanz zu nehmen. Zumindest hat Niersbach mit diesem geschickt angelegten Spielzug den Ball an die FIFA weitergegeben. Zweimal solle sie Zahlungen in Höhe von 6,7 Millionen Euro erhalten haben – die FIFA dementiert. Dabei schmeißt er aber auch in die Runde, nicht zu wissen, was letztlich mit der zweiten Zahlung passiert sei.

Hätte nicht auch der DFB die Zahlung von 6,7 Millionen Euro übernehmen können?

Angesichts der Tatsache, dass der DFB auch seinerzeit über alles andere als klamme Kassen verfügte, wäre es doch ein Leichtes gewesen, diesen Betrag selbst aufzubringen. Warum griff man also zu finanziellen Mitteln eines Privatiers? Ein Kredit wäre doch möglich gewesen. Wohl aber mit einer Bank, dessen Mitarbeiter nur schwer zum Stimmenfang bei der FIFA benutzt werden könnten. Dazu bedarf es dann wohl auch des so wichtigen Vitamin-B´s in Gestalt von Dreyfuß.

Das große Händereinwaschen

Führt man sich die Aussagen der Beteiligten einmal zu Gemüte, versucht jeder, im wahrsten Sinne des Wortes mit seinem Allerwertesten an die Wand zu kommen. Denn was kommt gelegener, als einen der anderen Beteiligten mit neuen Vorwürfen zu belasten und sich selbst im Zuge dessen erst einmal aus dem Fokus der Anschuldigungen zu nehmen? Die Hände reinwaschen wollen sich in diesem Skandal wohl so einige Hauptakteure. Den größten persönlichen Schaden erleiden dürfte aber wohl Niersbach. Selbst sein früherer Kumpel Beckenbauer, den Niersbach insgeheim ja selbst mit dem Skandal in Verbindung bringt, kapselt sich immer mehr von dem DFB-Präsidenten ab. Er verhindert auch nicht, dass dessen Vorgänger Theo Zwanziger Fahrt gegen ihn aufnimmt und Niersbach direkt als Hauptverursacher dieser verzwickten Situation darstellen möchte. Offensichtlich verfügt Zwanziger auch über gesicherte Informationen, dass das in Rede stehende Geld zum Stimmenfang an Mohammed Bin Hammam geflossen sei, um ihm seine Stimme für Deutschland abzuringen und für Blatter in Asien auf Stimmenfang zu gehen.

Eine erste Einschätzung der Situation

Klar ist, dass bei der Stimmenverteilung im Rahmen der Vergabe der WM an Deutschland, etwas nicht mit rechten Dingen vor sich gegangen sein muss. Die Beteiligten verstricken sich immer tiefer in unstrukturierte Aussagen, die letztlich nur wenig zur Aufklärung der Angelegenheit beitragen. Im Gegenteil: Hier scheint sich jeder wohl selbst der Nächste zu sein. Und offensichtlich scheint die Taktik, sich erst einmal dumm zu stellen, auch aufzugehen. Auch stellt sich die Frage, wie es sein, kann, dass zwar Verträge geschlossen, in denen Bedingungen umfangreich ausgearbeitet, jedoch keinerlei Regelungen zur Zahlung getroffen wurden. Ein Unternehmen in Deutschland, das zu verbuchten Zahlungseingängen keine Verträge vorlegen kann, rückt schnell in den Fokus der Finanzverwaltung. Warum ist das hier nicht geschehen? Die Antwort könnte darin liegen, dass diese Zahlungen eben nicht über die Bücher gelaufen sind. Denn dann hätte selbst der unversierteste Sachbearbeiter schnell erkannt, dass es hier an einem Punkt gewaltig hinkt.

Und was sagt Beckenbauer dazu?

BeckenbauerNoch hüllt er sich in Schweigen. Etwa, um nichts Falsches zu sagen? Hat er vielleicht Kenntnis über den bezahlten Stimmenfang gehabt und darüber, dass das Sommermärchen 2006 keines war? Zumindest hat er jetzt noch ein paar Tage Zeit, um sich eine Aussage bereitzulegen. Denn am Sonntag, dem 01.11.2015 muss er in der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer Rede und Antwort stehen. Diese Positionierung ist auch – gelinde gesagt – überfällig, denn als damaliger Bewerbungs- und Organisationschef der WM 2016 muss Beckenbauer den nötigen Einblick in Handlungen des Verbandes und seiner Funktionäre gehabt haben. Öffentliche Stellungnahmen zum Korruptionsskandal jedenfalls, wird es von ihm nicht (mehr) geben. Befürchtet er vielleicht, dass er ähnlich wie sein Widersacher und ehemaliger Freund Niersbach nachdem ihn die Presse ordentlich auseinander genommen und seine Erinnerungsschwächen offenbart hat, auch hinter seinem Tisch verkriechen muss und vor Wut in den Stift beißen möchte? Er wird wohl seine Gründe haben, warum er eine Aussage bei Kaffee und Kuchen in der renommierten Wirtschaftskanzlei vorzieht. Vielleicht hat er ja sein Täschchen auch mit dem ein oder anderen Scheinchen gefüllt, um selbigen ganz galant über den Tisch zum Interviewer wandern, damit dieser sich dann auch öffentlich zu seiner vorübergehenden Demenz bekennt.

Welche Lösungsmöglichkeiten bieten sich bei der Aufklärung?

Dass sich bei diesem Korruptionsskandal, der mittlerweile internationale Züge annimmt, auch immer wieder die Politik für eine Aufklärung einsetzte, wäre wohl weiterhin ein richtiger Schritt. Die Machenschaften der federführenden Funktionäre sollten durch Unabhängige einer Prüfung unterzogen werden. Die Wirtschaftskanzlei, welche gegenwärtig mit der Aufklärung der Sachlage betraut ist, arbeitet für den Deutschen Fußballbund (DFB). Ja, es ist eine äußerst seriöse Kanzlei, mit noch seriöseren Juristen an ihrer Spitze, aber wer gibt den Außenstehenden Sicherheit, dass hier keine Schmiergelder fließen, um das Ansehen der Protagonisten zu retten? Bei aller Realität scheint Korruption ja wirklich ladenfähig geworden zu sein. Als korrupt bezeichnen, wollen sich aber natürlich die wenigsten. Elitäre Kreise bezeichnen derartige Zahlungen gern als „Dankeschön“, als ein Präsent unter Freunden. Den Beteiligten sollte – um Transparenz zu zeigen – auferlegt werden, die Bücher öffentlich zu machen. Schnell wäre hier ein Schuldiger gefunden.

Wer hat die besten Chancen, nochmal davon zu kommen?

Um diese Frage beantworten zu können, muss man nicht einmal weit ausholen. Letztlich wird die Fähigkeit siegen, passende Beweise zu führen. Ausflüchte, wie, man wisse nichts davon oder könne sich nicht erinnern, dürften nicht ausreichen, um sich selbst zu entlasten. Wer zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Skandal um die Weltmeisterschaften 2006 in Deutschland lügt, ist noch schwer zu sagen. Schade, dass die Nasen der Hauptpersonen beim regelmäßigen Lügen nicht länger werden, so wie die vom hölzernen Vorbild Pinocchio. Dann wäre es für uns alle wesentlich einfacher, nachzuvollziehen, wer hier die Wahrheit spricht und wer nicht. Die größten Chancen, noch einmal mit einem blauen Auge davon zu kommen, dürfte jedoch die FIFA haben, sofern die Argumentation stimmt, derartige Zahlungen in den Büchern nicht zu finden. In diesem Fall wäre der DFB am Zug. Weil die Hauptbeteiligten Niersbach und Beckenbauer wichtige Personen des Deutschen Fußballbundes waren und noch immer sind, wird der DFB wohl auch keine Chance vertun, deren Ansehen zu retten. Dass sich der DFB öffentlich zum Stilbruch von Niersbach und Beckenbauer bekennt und entsprechende personelle Konsequenzen zieht, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch fraglich.

Die Geschichte hinter der Frage nach Wahrheit und Lüge

Am Anfang steht der Vorwurf einer schwarzen Kasse. Um die Hintergründe genau zu verstehen, muss man in das Jahr 2005 reisen. Es ist Auftakt des Korruptionsskandals, denn zu dieser Zeit gab es eine fragliche Zahlung des WM-Organisationskomitees (OK), die angeblich an den Privatier und seinerzeitigen Adidas-Chef Dreyfuß veranlasst worden ist. Überweisung und Abwicklung übernahm die FIFA selbst. Ein “Beitrag Kulturprogramm” sollte es sein, damit die Zahlung unbemerkt durch die Bücher laufen kann. Eine Frage, die sich hier nun stellt, weshalb zahlt das OK den Betrag in Höhe von 6,7 Millionen Euro und nimmt derartige Umwege in Kauf? Die Antwort könnte darin liegen, dass Dreyfuß seinerzeit den Vorschuss leistete, dieser aber nicht in den Jahresabschlüssen zu finden ist. Eine Rückzahlung an ihn dürfte selbstredend dann natürlich auch nicht in den Büchern auftauchen. Derweil wird ein geheimnisvoller Schuldschein wird unfreiwillig zu einem Hauptakteur der Affäre. Wurde er nun von Beckenbauer unterschrieben? Und wenn ja, wusste er auch, was er da unterschreibt? Oder ist es normal, dass derartige Verantwortliche bei Unterschriftsleistungen einfach darauf vertrauen, dass das Schriftstück seriös ist? Hat sich hier vielleicht sogar eine Sekretärin einen großen Spaß erlaubt, weil sie sich unterbezahlt fühlt und wollte ihren Chefs eins auswischen? Fragen über Fragen und keine verwertbaren Antworten in Sicht.

Foto: flickr.com/Madebyr.de & Thomas Couto