Corinne Diacre
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Was, sie kennen den Namen Corinne Diacre nicht? Das ist eine Bildungslücke, denn bei ihr handelt es sich um die erste Französin, die einen Vertrag als Chefcoach einer Profi-Männermannschaft erhalten hat. Das war bereits vor zwei Jahren beim französischen Zweitligisten Clermont Foot. Seitdem sie diesen Job angenommen hat, bemüht sie sich im Normalität, die im Fußball so allerdings kaum möglich scheint. Sie bekam zu ihrem Ligadebüt Blumen geschenkt – viel lieber jedoch hätte sie das Spiel in Brest gewonnen.
„Es liegt an mir, daran zu arbeiten, dass sich der Fußball in dieser Hinsicht demokratisiert“
, so die damals 40-jährige bei ihrem Dienstantritt. Inzwischen nerven sie die ständigen Fragen nach ihrer Rolle als Frau in diesem Sport – und hat sich selbst diesbezüglich einen Maulkorb verpasst. Dass eigens neue Kabinenregeln eingeführt werden mussten, ist übrigens ein modernes Märchen.
„Im Frauenfußball arbeiten elf Trainer in der ersten Liga, und niemand wundert sich, wie die das machen. Es ist ganz einfach: Ich gehe grundsätzlich dann in die Kabine, wenn die Jungs umgezogen sind. Und dann gibt es kein Problem.“
Swantje Thomsen
Bei Borussia Dortmund hat es eine Frau auf die Ersatzbank geschafft: Swantje Thomßen wurde von Trainer Thomas Tuchel als Physiotherapeutin in das Betreuerteam geholt. Seither läuft auch eine Frau mit auf das Feld, wenn es bei den BVB-Profis während des Spiels zu kleineren Verletzungen kommt. Allerdings ist sie im Verein nicht die große Unbekannte, bereits unter Jürgen Klopp war sie im Training mit dabei, war ansonsten für die U23 zuständig. So nah am Geschehen ist wohl sonst kaum eine Frau.
Bibiana Steinhaus
Steinhaus ist Schiedsrichterin und wird als einzige Frau im Männerbereich eingesetzt. Sie pfeift regelmäßig Spiele der
- 2. Bundesliga
- 3. Liga
- DFB-Pokal
Ansonsten wird sie in der 1. Bundesliga als sogenannte 4. Offizielle am Spielfeldrand eingesetzt. Der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichterkommission, Herbert Fandel, sagte über Steinhaus:
„Sie ist die beste Schiedsrichterin der Welt. Das sage ich überall, wo ich es loswerden kann. Das sieht aber auch jeder, der von Fußball Ahnung hat.“
Viele fordern schon länger die Beförderung von Steinhaus als Schiedsrichterin in die Bundesliga. Doch auch was das angeht findet Fandel deutliche Worte:
„Bislang zählte Bibiana Steinhaus am Ende der Saison nicht zu den besten Unparteiischen der 2. Liga, sodass ein Aufstieg bislang nicht gerechtfertigt war.“
Claudia Neumann in bester Gesellschaft
Da sollte es doch für Claudia Neumann eigentlich ein Kinderspiel sein, als Frau, als erste Frau weltweit, so ein EM-Spiel live zu kommentieren. Es war für Deutschland dann auch ein eher unbedeutendes Spiel: Wales gegen die Slowakei. Doch die Wogen im Netz schlugen erst einmal sehr hoch. Auf Twitter gab es zum Beispiel folgende Reaktionen:
- #WALSVK mein Gott, wer Claudia Neumann hört, wünscht sich Bela Rethy zurück. @ZDF #EURO2016 jeder Bilbelkreis rockt mehr
- Die Neumann redet so einen Müll!! #WALSVK
- Claudia Neumann verdankt ihren Job lediglich einer internen ZDF Frauenquote. Genauso wie Katrin Müller-Hohenstein. #WALSVK #EURO2016
- Bitte liebes @ZDF – lasst das den einzigen „Einsatz“ von Claudia #Neumann sein. Die Sprüche sind ja schlimmer als Marcel #Reif #WALSVK
Natürlich gab es auch gegenteilige Stimmen, so wie diese hier:
- Ihr regt euch auf, weil eine Frau Fußball kommentiert? Ernsthaft?!? Warum? Hat sie einen längeren Schwanz als ihr?
- Auf ZDF kommentiert Claudia Neumann und die Couch-Trainer heulen, weil „die Frau“ vermutlich mehr Ahnung hat als sie
- Dass ich das noch erleben darf“ Eine Frau kommentiert im TV ein EM-Männerspiel! Mehr davon! #ZDF #WALSVK #Neumann
Natürlich war von vornherein klar, dass jedes Wort von Claudia Neumann auf die Goldwaage gelegt werden würde. Jeder Fehler wurde kommentiert. So schrieb auch Jörg Heinrich von der tageszeitung:
„Doch sprachlich war sie mächtig überfordert und zimmerte windschiefe Weisheiten zusammen wie diese: „Die meisten in der Premier League unterwegs von Wales, denn die eigene slowakische Liga ist nur sehr unterklassig einzuordnen.“ Am Ende japste sie: „Das Spiel spannend bis zur Schlusssirene“ – ist der EHC München nicht in der Sommerpause?“
Natürlich wird das der Sache in keiner Weise gerecht, schließlich stehen vor allem bei Welt- und Europameisterschaften die Kommentatoren ständig im Rampenlicht und müssen aufpassen, was sie sagen. Grundsätzlich war allerdings an dem Kommentar von Neumann nicht viel auszusetzen.
Einige Unstimmigkeiten
Doch – nicht alles war perfekt, wie es nicht anders zu erwarten war. Bei der ersten großen Chance für die Slowaken wurde es sehr laut im Stadion und das vergleichsweise geringe Stimmenvolumen von Neumann kam nicht mehr so ganz mit. Den Führungstreffer für Wales nach zehn Minuten kommentiert sie dann ganz ruhig und gelassen, unaufgeregt und ohne Übertreibungen. Und dann fällt eigentlich nichts mehr auf – ruhig und sachlich analysiert sie Spielszenen und glänzt dabei mit ihrem fundierten Fachwissen. Allerdings schätzt sie dann eine kritische Szene falsch ein: Der Slowake Skrtel setzt den Ellenbogen gegen Williams unfair ein und auch nach mehrmaligen Wiederholungen blieb Neumann dabei, keine unfaire Szene erkannt zu haben.
„Da haben wir es mit vier Dioptrien zu tun“
meinte Moderator Oliver Welke in der Halbzeitpause, allerdings bezogen auf den Schiedsrichter – Neumann gab ihren Fehler zum Beginn der zweiten Hälfte dann aber zu.
Fazit: Guter Job, der nächste Einsatz ist geplant
Bei aller Kritik ist klar: Sie hat es weder besser noch schlechter als ihre männlichen Kollegen gemacht. Wer das Debüt verpasst hat, bekommt am 17. Juni die nächste Gelegenheit. Neumann kommentiert dann den Kracher Italien gegen Schweden.
Foto: flickr.com/János Korom Dr.