Reformen für die WM – ist die FIFA eine Spielwiese des neuen Präsidenten?
Als die FIFA in der letzten Woche die Aufstockung der Weltmeisterschaft ab 2016 auf 48 Mannschaften bekanntgab, sorgte sie für Aufsehen. Schnell war die Aufstockung beschlossen, aufgrund der Affären um das Sommermärchen 2006 konnten keine DFB-Funktionäre bei der Entscheidung dabei sein. Jetzt plant die FIFA weitere Reformen, da kommt der Gedanke auf, dass der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino die FIFA als Spielwiese benutzt, um willkürliche Entscheidungen zu treffen und sich bei Fußball-Zwergen einen Namen zu machen. Dabei sollte er doch den Korruptionssumpf der FIFA austrocknen und erneuten Betrügereien einen Riegel vorschieben. Diesmal ist es jedoch nicht FIFA-Präsident Gianni Infantino, der an weitere Reformen denkt, sondern der von Infantino ernannte neue Technische Direktor des Fußball-Verbandes, Marco van Basten. Er wurde Ende September vom FIFA-Präsidenten zum Leitenden Beauftragten für Technische Entwicklung ernannt und ist der Meinung, den Fußball beobachten zu müssen und zu prüfen, ob Verbesserungen möglich sind. Wie der Niederländer sagt, soll das Spiel interessanter, dynamischer und ehrlicher werden. Marco van Basten, der zuletzt aktiv bei AC Mailand und in der niederländischen Nationalmannschaft spielte und danach als Trainer tätig war, versucht, zu beschwichtigen, doch viele Fans sind von derartigen Gedankenspielen abgeschreckt.
Van Basten denkt an Weiterentwicklung des Fußballs
Van Basten spricht sich für eine Weiterentwicklung des Fußballs aus, doch sollen
- Spiel und Spielfluss nicht leiden
- das Spiel nicht grundlegend verändert werden
Es geht darum, in kurzer Zeit nicht zuviel zu verändern, sondern die Änderungen Schritt für Schritt durchzusetzen. Die FIFA stellte sich Anfang Januar selbst unter Zugzwang, sie wird ab 2026 in 16 Gruppen mit jeweils drei Mannschaften gespielt. Sollten doch Betrügereien verhindert werden, begünstigt dieser Austragungsmodus sogar Manipulationen, vor allem beim letzten Vorrundenspiel. Die Gefahr von Manipulationen besteht gemäß van Basten vor allem, wenn eine Mannschaft gegen einen Gegner 0:0 und gegen einen anderen Gegner 1:0 spielt, da es letztendlich zu Punktgleichheit und dem gleichen Torverhältnis bei allen drei Mannschaften kommen kann. Kommt es bei einem Entscheidungsspiel zu einem Remis, dann wird ein Elfmeterschießen durchgeführt. Van Basten denkt daran, statt des Elfmeterschießens ein Shoot-out einzuführen. Bereits vor Jahrzehnten, als Franz Beckenbauer bei Cosmos New York spielte, wurde das Shoot-out in den USA praktiziert, auch in der Major League Soccer waren Shoot-outs an der Tagesordnung.
Die Praxis der Shoot-outs
Was ist nun eigentlich der Unterschied zwischen Elfmeterschießen und Shoot-outs? Bei den Shoot-outs hat jede Mannschaft fünf Versuche; der Spieler läuft dann, wenn der Schiedsrichter pfeift, aus einer Entfernung von 25 Metern auf den Torwart zu. Diese Aktion muss innerhalb von acht Sekunden abgeschlossen sein. Bei dieser Aktion darf der Torwart den Strafraum nicht verlassen. Pariert er, ist es vorbei. Der 52-jährige van Basten bezeichnet die Aktion als spektakulär für die Zuschauer und hat selbst während seiner aktiven Zeit als Nationalspieler beim Elfmeterschießen schlechte Erfahrungen gemacht. Im Halbfinale der Europameisterschaft 1992 gegen Dänemark versagten van Basten die Nerven, das Spiel endete mit einem 2:2 im Remis, dann kam es zu einem 4:5 im Elfmeterschießen. Van Bersten begründet das Shoot-out mit mehr Möglichkeiten für die Spieler:
- auf die Reaktion des Torwarts warten
- dribbeln
- schießen
Nach Meinung von van Basten ähnelt ein Shoot-out eher einer typischen Spielsituation.
Einführung von Zeitstrafen statt Gelber Karten
Der Trainer des Bundesligisten TSG Hoffenheim, Julian Nagelsmann, hatte bereits Zeitstrafen statt Gelber Karten angeregt, jetzt greift van Basten diese Idee auf. Er meint, dass die angreifende Mannschaft nur wenig von einer Gelben Karte für den Gegenspieler hat. Die Gelbe Karte soll durch eine Zeitstrafe von fünf oder zehn Minuten ersetzt werden. Solche Maßnahmen können abschrecken. Erhält eine Mannschaft eine Zeitstrafe und muss sie nur mit zehn statt mit elf Spielern spielen, ist das deutlich schwieriger. Noch schwieriger wird es, wenn gleich mehrere Zeitstrafen verhängt werden und dann nur noch acht oder neun Spieler auf dem Feld sind und gegen die gegnerischen elf Spieler ankämpfen müssen.
FIFA kritisiert Zeitspiel in der Schlussphase
Die FIFA kritisiert das Zeitspiel in der Schlussphase. Van Basten sagt, dass umso mehr Zeit verlorengeht, je länger
- Behandlung von verletzten Spielern
- Auswechslung von Spielern
- Ausführung eines Freistoßes
dauert. Van Basten regte daher an, aus den letzten zehn Spielminuten eine Phase der effektiven Spielzeit zu machen, Auswechslungen sollen in dieser Zeit nicht mehr möglich sein. Van Basten regt noch weitere Reformen an, zu denen die Begrenzung der Zahl an Fouls, die Verhinderung der Rudelbildung und auch die Abschaffung des Abseits gehören sollen. Begeht ein Spieler mehr als fünf Fouls, muss er das Spielfeld verlassen. Fraglich ist nun, ob diese Maßnahmen alle auf einmal oder sukzessive durchgesetzt werden und ab wann diese Reformen gelten sollen. Van Basten befürchtet, dass diese Reformen auf viele Gegner stoßen.
Fußball interessanter für die Zuschauer machen
Van Basten denkt daran, den Fußball mit den neuen Maßnahmen interessanter für die Zuschauer zu machen, die Zuschauer wollen zum Schluss kein Zeitspiel, sondern ein effektives Spiel sehen. Eine Rudelbildung, bei der über den Schiedsrichter diskutiert wird, soll verhindert werden, denn das kostet Zeit. Van Basten regt eine Orientierung am Rugby an, denn dabei darf nur der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen. Ein Shoot-out würde einer typischen Spielsituation ähneln und wäre für die Zuschauer spektakulärer. Die Abschaffung des Abseits würde mehr Tore bedeuten, schließlich wollen die Zuschauer mehr Tore sehen. Doch wollen die Zuschauer das alles wirklich? Die meisten Zuschauer wollen doch, dass Fußball das bleibt, was er ist – mit seinen ursprünglichen Regeln, und dass die Regeln nicht aufgeweicht oder verfälscht werden.
FIFA kämpft gegen Altlasten an und braucht Geld
Seit dem Korruptionsskandal ist die FIFA negativ belastet, sie braucht Geld. Mit der Erhöhung der Zahl der Teilnehmer an der Weltmeisterschaft erhofft sich FIFA-Präsident Gianni Infantino mehr Einnahmen. Ob es bei den Ideen des neuen Technischen Direktors Marco van Basten auch um mehr Geld geht, ist nicht bekannt; denkbar ist jedoch, dass sich van Basten damit mehr Zuschauer erhofft und dass er mit mehr Spannung der Spiele rechnet. Allerdings drängt sich die Frage auf, ob Fußball dann immer noch das bleibt, was er ist, und ob die Zuschauer diese Reformen wirklich wollen. Nicht nur Fußball-Größen, sondern auch Fans stehen diesen Reformen skeptisch gegenüber. Fotos:wikimedia/Пресс-служба Президента России/Paul Blank/Albinfo