Das Gros der Teilnehmer der 1. Bundesliga ist schon seit dem letzten Jahrtausend dauerhaft dabei. Einige wenige Clubs hingegen tauchten seit deren Gründung nur für eine Saison im Oberhaus des deutschen Fußballs auf - und verschwanden meist recht geräuschlos wieder, wenn es sportlich einfach nicht zum Klassenerhalt reichen sollte.

Zu diesen Clubs, die nur eine Saison lang bei den Großen mittanzten, gehört neben dem VfB Leipzig, Fortuna Köln oder Blau-Weiß 90 Berlin auch der SSV Ulm 1846. Von geräuschlos kann im Falle jener Saison der Ulmer in der ersten Bundesliga aber nicht die Rede sein, zumal sie von allen Clubs, die nur 1 Jahr lang Erstligist waren, mit 35 Punkten die beste Ausbeute holten - und beinahe doch noch den Klassenerhalt geschafft hätten.

Nach einer turbulenten Saison stand der SSV Ulm 1846 vor dem letzten Spieltag auf Rang 16, der damals noch den direkten Abstieg bedeutete. Bei 35 eigenen Punkten hätte aber schon ein Remis im letzten Spiel gereicht, wenn Hansa Rostock seine Partie verloren hätte. Zweite Möglichkeit wäre gewesen, selber zu gewinnen, während Borussia Dortmund sein letztes Spiel verlöre. Alle drei Bedingungen traten nicht ein, Ulm selbst verlor denkbar knapp mit 1:2 bei Eintracht Frankfurt, wobei ein gewisser Horst Heldt erst in der 90. Minute einen Elfmeter zum Siegtor verwandelte - und so musste der Club als einer der punktemäßig besten Absteiger aller Zeiten den Gang zurück in die 2. Liga antreten.

Doch alles der Reihe nach: Wie kam der zuvor im Fußball irrelevante Club überhaupt plötzlich in die 1. Bundesliga?
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Dank Rangnick mit neuer Taktik im Eiltempo in die 1. Liga

ULMDazu muss man zunächst anmerken, dass der Club tatsächlich schon einige Saisons in der 2. Liga bestritten hatte. Völlige Nobodys waren die Ulmer also nicht im Fußball. Insgesamt 6 Saisons war der Club zuvor zweitklassig gewesen, zuletzt aber 1988 abgestiegen. Es brauchte dann fast ein Jahrzehnt Anlauf, um endlich wieder in die 2. Liga zu gelangen. Verbunden ist der rasante sportliche Aufstieg vor allem mit einem Namen, der auch heute noch im Profifußball eine große Rolle spielt: Ralf Rangnick kam als junger Trainer zu den Ulmer Spatzen, bei denen er selbst eine Saison lang als Spieler aktiv gewesen war.

Er brachte nicht nur menschlich neuen Schwung mit, sondern führte vor allem die ballorientierte Raumdeckung ein.

Zunächst hatte sein Team damit einige Anlaufschwierigkeiten und kassierte enorm viele Gegentore. Als die Spieler das neue und nicht zuletzt in Deutschland völlig ungebräuchliche System endlich verstanden hatten, gelang auch der Aufstieg in die 2. Liga. Dort setzten die Ulmer ihren sportlichen Höhenflug fort. Erst eine Serie von Misserfolgen im Anschluss an die Herbstmeisterschaft in der 2. Liga – als Aufstieger! – bewegte Ralf Rangnick dazu, seinen Trainerposten aufzugeben. So erlebte er nicht mehr als Beteiligter den direkten Durchmarsch durch die 2. Liga mit. So furios sie unter ihm in der Regionalliga den Fußball aufgemischt hatten, so plötzlich stand schließlich auch der Aufstieg in die 1. Bundesliga vor der Tür. Für Ralf Rangnick ging der Weg aber ohnehin weiter in die 1. Bundesliga, auch ohne seinen Ulmer Club. Er wurde vom VfB Stuttgart angeheuert, viele weitere Erstligisten sollten in seiner Vita folgen, wobei er mit der TSG Hoffenheim dasselbe Kunststück bewerkstelligte wie mit Ulm, was ihm wiederum auch in Leipzig zur Aufgabe gemacht wurde.

Legendäre Vorfälle in Ulms einziger Saison in der 1. Liga

Übernommen hatte den Trainerposten Martin Andermatt. Der Schweizer vollendete Rangnicks begonnenes Werk und schaffte den direkten Aufstieg.

Womit eine Saison voller Kuriositäten für den Club aus dem Süden begann.

Besonders zwei Anekdoten sind im allgemeinen Fußballgedächtnis hängen

geblieben:

  1. das rekordverdächtige Auswärtsspiel bei Hansa Rostock, bei dem nicht weniger als 4 Ulmer des Platzes verwiesen wurden – und dennoch kam Rostock nur mit Mühe gegen 7 Ulmer zu einem knappen 2:1-Sieg, ein Spiel, das den damaligen Ulmer Dragan Trkulja zur von Stefan Raab zum Dauerbrenner gemachten Wendung “Skandal!” veranlasste, wie im Video zusehen:

    alle

    Daten zu dem Spiel

  2. die 1:9-Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen, die ohne den Ehrentreffer die höchste Heimniederlage der Bundesligageschichte gewesen wäre – völlig hilflos wurde die Mannschaft vom Gegner auseinander genommen, wie man es zuvor und danach kaum wieder im deutschen Profifußball erlebt hat

Der im zweiten Video zitierte Christoph Daum irrte sich allerdings mit seiner Aussage, dass Ulm “überhaupt nichts mit dem Abstieg zu tun” haben würde. Es kam anders und so hatte Martin Andermatt den Club in die 1. Liga – und gleich wieder herausgeführt.

Noch schneller als nach oben ging es wieder nach unten für den SSV Ulm 1846

Nach dem Abstieg ging es auch aus der 2. Bundesliga gleich wieder herunter. Andermatt wurde durch Hermann Gerland ersetzt, der die Mannschaft aber auch nicht retten konnte. Am Ende stand nicht nur der sportliche Abstieg, sondern auch gleich noch die Lizenzverweigerung für die Regionalliga Süd, weshalb der Club in die Oberliga Baden-Württemberg zurückgestuft war. Selbst für diese Spielklasse hatte man nicht die nötigen Mittel, sodass man freiwillig in der Verbandsliga an den Start ging. Nur etwas mehr als 12 Monate nach dem letzten Erstligaspiel stand nun wieder die Tristesse der unteren Amateurligen auf dem Programm für die Ulmer Spatzen.

Immerhin hat man sich seitdem öfter mal wieder hinauf in die Regionalliga geschwungen, doch 2011 machte eine Insolvenz die existierende Lizenz für diese Liga wiederum hinfällig. Der erneute Aufstieg aus der Oberliga verhalf zu zwei weiteren Saisons in der Regionalliga, welche aber wiederum mit dem Abstieg beendet wurden.

Ernsthafte Ambitionen und Möglichkeiten, den Sprung nach weiter oben wieder in Angriff zu nehmen, sucht man rund um den Club vergeblich. Er ist nach kurzem Aufflackern jener einen Saison wieder dahin entfleucht, wo er herkam: in die Niederungen des Amateurfußballs. So sind nur noch die Fans vor Ort und jene der direkten Liga-Konkurrenten im Bilde, wie es der ersten Mannschaft des Clubs im Fußball so ergeht. Für alle anderen bleibt der SSV Ulm weiterhin jener Club mit dem “Skandal!”-Spiel in Rostock und – das immerhin – einer, der seiner Zeit taktisch voraus war, dann aber doch nicht die Klasse hatte, um der Bundesliga langfristig erhalten zu bleiben. Für den Vater des Ulmer Erfolgs gilt dies allerdings sehr wohl: Ralf Rangnick wird schon in Kürze wieder in der ersten Liga tätig sein.

Foto: wikimedia/Andreas Praefcke

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