So funktioniert das System derzeit
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Derzeit läuft das Prinzip der Verteilung der Gelder in Deutschland folgendermaßen: Von den in dieser Saison anfallenden 850 Millionen Euro aus den Medienerlösen gehen
- 80 Prozent an die 1. Liga
- und 20 Prozent an die 2. Liga
Für die Verteilung wird ein komplizierter Schlüssel mit einer Fünfjahreswertung benutzt. Somit bekommt der Erste, der FC Bayern München, einen Anteil von 5,8 Prozent, entspricht 40,4 Millionen Euro. Der Letzte, Arminia Bielefeld, bekommt einen Anteil von 0,75 Prozent und damit 5,2 Millionen Euro. Die internationalen Medienerlöse werden etwas anders aufgeteilt. Von den 153,8 Millionen Euro bekommt jeder Erstligist pauschal 2,5 Millionen Euro. Die 18 Vereine der 2. Liga bekommen auch etwas ab, obwohl sie international nicht in Erscheinung treten. Sie teilen sich 1,8 Millionen Euro zu gleichen Teilen auf. Eine solche Quersubventionierung ist im Ausland nicht üblich.
So funktioniert die Vermarktung in anderen Ligen
In England läuft die Verteilung etwas anders. Die Hälfte der Einnahmen wird zu gleichen Teilen auf alle Erstligisten verteilt. Ein Viertel ist abhängig von der Platzierung der Mannschaft und das vierte Viertel schließlich richtet sich nach der Anzahl der Live Übertragungen. Für Absteiger werden sogenannte Fallschirmprämien gezahlt. In Spanien ist die Zentralvermarktung noch in der Einführung. Auch hier wird
- die Hälfte unter allen Vereinen der Liga zu gleichen Teilen aufgeteilt
- und ein Viertel richtet sich nach der Tabellenplatzierung
Das vierte Viertel richtet sich in Spanien dann nach der Prominenz der Vereine – hierzu werden die Anzahl der Mitglieder, Zuschauer im Stadion und beim Fernsehen berücksichtigt. In Italien werden nur 40 Prozent der Gesamtsumme als Sockelbetrag an alle gleich verteilt, 30 Prozent sind von der Tabelle abhängig. Ein Viertel wird dann ebenfalls nach Beliebtheit ausgezahlt, hier entscheiden Ergebnisse eines Marktforschungsinstituts sowie die Pay-TV Abos. Fünf Prozent der Gesamtsumme werden nach der Einwohnerzahl der jeweiligen Stadt verteilt – ein Modell, dass es so sonst nirgends gibt. Hierzulande würde sich Berlin über so eine Regel freuen (3,5 Millionen Einwohner), die TSG Hoffenheim sicherlich weniger (3.300 Einwohner).
Das „Team Marktwert“
Jetzt haben sich sechs Bundesligavereine zusammengetan, die weitere Kriterien bei der Verteilung der TV-Gelder fordern. Es handelt sich um die Traditionsklubs
- Hertha BSC
- SV Werder Bremen
- Eintracht Frankfurt
- Hamburger SV
- 1. FC Köln
- VfB Stuttgart
Dieses „Team Marktwert“ wehrt sich gegen die bisherige Verteilpraxis, die sich nur an den sportlichen Leistungen orientiert. „Wir setzen uns für eine gerechtere und zeitgemäße Verteilung der TV-Gelder ein. Wir sind davon überzeugt, dass eine Bewertung des sportlichen Erfolgs wie sie im aktuellen Modell vorgenommen wird, nicht dauerhaft die Vorteile und Besonderheiten des deutschen Profifußballs sicherstellen wird”, erklärte Klaus Filbry, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Werder Bremen. Vielmehr soll auch der „tatsächliche Wert eines Vereins für die Bedeutung der Liga“ herangeführt werden. Sprich:
- Fanbasis
- Beleibtheit
- Bekanntheit
- TV-Reichweite
- Interaktionsraten im Bereich der Social Media
sollen berücksichtig werden.
Der ursprüngliche Antrag des FC St. Pauli wurde missverstanden
St. Paulis Geschäftsführer ging in seinem ursprünglichen Antrag sogar noch einen Schritt weiter. Er wollte alle fremdfinanzierten Vereine aus der Verteilung der TV-Gelder ganz ausschließen. Hierzu gehören zum Beispiel
- VfL Wolfsburg (VW)
- Bayer 04 Leverkusen (Bayer)
- TSG 1899 Hoffenheim (Dietmar Hopp)
- RB Leipzig (Red Bull)
Es ist ein offenes Geheimnis, dass diese Vereine bei den Traditionsklubs nicht sonderlich beliebt sind. Werder-Chef Klaus Filbry bezeichnet diese Klubs als „Vitamin-B-Vereine“, Eintracht Frankfurts Chef Heribert Bruchhagen ist davon überzeugt, dass diese Vereine den Wettbewerb verzerren. Da aber die meisten betroffenen Vereine in diesem Antrag einen Antrag „auf die Ankündigung der Solidargemeinschaft in der Bundesliga und 2. Bundesliga“ verstanden hatten, zog Rettig diesen inzwischen wieder zurück. Zumindest hat er eine rege Diskussion damit erreichen können.
Die Angst des FC Bayern München
Ein besonderes Interesse an den Änderungen der Modalitäten hat natürlich der FC Bayern München. Der deutsche Rekordmeister gilt zwar als wohlhabender Verein – für deutsche Verhältnisse. Doch es könnte bald dazu kommen, dass es den Bayern nicht mehr möglich sein wird, internationale Top-Spieler zu kaufen oder zu halten, da es in England oder Spanien finanziell attraktiver für die Kicker ist. „Wir müssen dazu kommen, dass wir – und das ist eine große Aufgabe der Deutschen Fußball Liga – die Bundesliga speziell in der Spitze auch international wettbewerbsfähig halten“, so Karl-Heinz-Rummenigge, Vorstandsvorsitzender bei den Münchenern. Somit ist die bisherige Art der Zentralvermarktung, die sich nur nach den sportlichen Leistungen richtet, auch für den FC Bayern München keine gute Sache.
Nachteile für die Werksklubs
Für die Werksklubs könnte sich eine Änderung tatsächlich negativ auswirken. Denn es ist ebenfalls kein Geheimnis, dass Vereine wie der VfL Wolfsburg und RB Leipzig keine große Anhängerschaft haben. Das deutsche Fußballherz hängt an Tradition und Beständigkeit, Mannschaften wie der 1. FC Köln, der Hamburger SV, der FC St. Pauli oder eben auch der FC Bayern München haben die Bundesliga über Jahrzehnte prägen können und haben sich eine ganz ureigene Fankultur aufbauen können. Künstlich durch viel Geld nach oben gebrachte Vereine wie Hoffenheim, Ingolstadt oder auch RB Leipzig bräuchten noch viele Jahre, um etwas Ähnliches aufbauen zu können. Änderungen sind unvermeidlich An dem Konzept der Zentralvermarktung wird sich grundsätzlich nichts mehr ändern, doch es ist gut, dass endlich Bewegung in die Sache gekommen ist. Die Rahmenbedingungen sind verbesserungswürdig, das machen andere europäische Ligen schon seit längerem wesentlich besser und effektiver. Foto: shutterstock/Bildnummer:342121856-Urheberrecht: 360b (c) Wettbuero.de