Fehlende Einsicht in den Ernst der Lage beim Erstligisten
Ganz im Sinne des heute überall grassierenden extremen Marketings hat man sich beim VfL Wolfsburg einen netten Hashtag für die Spiele in der Relegation der 1. Bundesliga ausgedacht. #theextramile lautet er. Klingt so, als müsse man nur noch ein bisschen weiterlaufen als die übrigen 15 Erstligisten, und dann sei alles wieder gut. Doch dem ist nicht so. Die Gefahr des Scheiterns und des Abstiegs ist prinzipiell so real, wie man auch überhaupt erst auf den Relegationsplatz abrutschen konnte. Hatte niemand mit gerechnet, kam aber so. Den Verlautbarungen so mancher Spieler ist zudem zu entnehmen, dass sie die Sache schon in den Griff bekommen werden. Wenn da mal nicht Bruder Leichtfuß im Spiel ist. Einen unterklassigen Gegner zu unterschätzen hat noch keiner Mannschaft der Welt gutgetan. Hier liegt also schon mal Risikofaktor Nr. 1.
Fehlende Einheit im Kader des VfL Wolfsburg
Zweiter, vielleicht sogar wichtigster Faktor ist die fehlende Einheit im Team. Einzig Mario Gomez scheint sich wirklich mit aller Macht gegen den drohenden Abstieg gestemmt zu haben. Dass es den übrigen Spielern an Fähigkeiten dazu mangelt, kann man nicht ernsthaft behaupten. Doch wenn ein Team mit solchem Potenzial so wenig Punkte holt, scheint irgendetwas im Team grundlegend nicht zu stimmen. Wie schon häufiger kolportiert wurde, fehlt es dem Kader in Wolfsburg schon seit jeher an Identifikation mit dem Club, mit der Stadt, mit den Fans. Zumindest erfolgreich wollten sie dann aber oft sein und waren es auch. Aktuell ist davon nur wenig zu spüren. Das könnte sich am Ende rächen.
Mangelnde Kampfkraft im Vergleich zum erfahrenen Zweitligisten Eintracht Braunschweig
Dazu kommt auch noch, Faktor Nr. 3, dass die Wolfsburger eine spielerisch hohe Qualität haben. Intensiv kämpferisch dagegen zu halten sind sie jedoch nicht gewohnt (wie man in der abgelaufenen Saison oft sah). In diesen beiden Relegationsspielen, wo es auch viel auf die Nerven ankommt, geht es aber weniger um die eigentliche Qualität, sondern darum wer sich, notfalls auch mit unlauteren Mitteln, durchsetzt.Und hier könnten die Kicker von Eintracht Braunschweig den Wolfsburgern durchaus überlegen sein. Schließlich spielt man in der 2. Bundesliga, wo die Eintracht jetzt länger logiert, ohnehin etwas kampfbetonter, weniger hochwertig. Vor allem, wenn man erst einmal in Rückstand geraten sollte, was zwar nicht hoch wahrscheinlich, aber keineswegs ausgeschlossen ist, müsste man sich eigentlich auf seine Kampfkraft besinnen. Ob das aber ausgerechnet in den letzten beiden Spielen der Saison gelingt, wenn es vorher schon nie klappt, ist äußerst fraglich.
Der Druck liegt auf Seiten des VfL Wolfsburg
Auch wenn, wie weiter oben skizziert, so mancher Profi im Kader des VfL Wolfsburg das gar nicht so richtig wahrhaben möchte oder kann. Der VfL Wolfsburg ist in diesen beiden Spielen der Club, der etwas zu verlieren hat. Für die Eintracht aus Braunschweig wäre es kein Beinbruch, auch im nächsten Jahr wieder in der 2. Bundesliga ans Werk zu gehen. Das ist dort so einkalkuliert, wo man sich ohnehin nicht als (dauerhaften) Erstligisten sieht.Für den VfL Wolfsburg, mit einem der höchsten Etats aller Bundesligisten ausgestattet, wäre ein Scheitern aber nicht nur eine Blamage. Es wäre eine echte Katastrophe, weil ein sofortiger Wiederaufstieg keineswegs sicher ist. Weil man immense Gelder verlöre. Und weil der eigentliche Zweck der intensiven Förderung durch VW, nämlich Marketingmittel für das Unternehmen zu sein, in der 2. Bundesliga eher konterkariert würde. Wer verbindet schon mit einem Absteiger etwas Positives?
Fazit zur Frage, ob der VfL Wolfsburg tatsächlich absteigen kann
Abgesehen davon, dass – wie eingangs erwähnt – im Fußball sowieso immer alles möglich ist: Ja, die Chancen stehen gar nicht so gut, dass der VfL Wolfsburg diese Relegation zwangsläufig erfolgreich bestreiten wird. Oder dramatischer formuliert: All die oben genannten Gründe sprechen dafür, dass der VfL Wolfsburg in der nächsten Saison nicht nur ein Zweitligist sein könnte, sondern sogar einer sein wird. Auch wenn da am Ende immer noch die unbestritten höhere Qualität des Kaders des VfL Wolfsburg dagegen spricht. Das war schließlich auch schon in den vielen gegen Darmstadt 98, gegen den FC Ingolstadt oder gegen Mainz 05 der Fall. Und trotzdem ließ man am Ende gerade zwei Teams in der 1. Bundesliga hinter sich. Insofern schwant dem neutralen Beobachter hier, dass bie all der Gemengelage aus den vielen genannten Faktoren ein Abstieg des VfL Wolfsburg absolut im realistischen Bereich liegt. Sollte man die Chancen auf den Klassenerhalt einschätzen, so liegen diese wohl etwa – nur! – bei 50:50, sofern nicht ein Blitzstart mit einem oder zwei Toren gelingt. Ein solcher würde die Nerven der Wolfsburger beruhigen und wohl auch ein Abrufen ihrer normalen Klasse ermöglichen. Doch das wäre auch in all den Bundesligaspielen vorher bereits möglich gewesen, ist aber so gut wie nie geschehen. Foto: Von Michael Barera, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20302376