Katarina Witt: Flüchtlinge als Bereicherung für den deutschen Sport
Die zweimalige Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt war schon immer weltoffen. Am 03. Dezember letzten Jahres feierte sie ihren 50. Geburtstag. Sie zeigte sich noch nie so politisch interessiert wie jetzt – für Flüchtlinge hat sie ein großes Herz. Sie bezeichnet das letzte halbe Jahr als eine epochale Herausforderung für Deutschland und spricht davon, dass Deutschland den leidgeplagten Menschen die Chance der Integration geben müsse. Sie zeigt kein Verständnis für
- Verunglimpfungen von Politikern
- Gewalt gegen Flüchtlinge
Der einstige Kufenstar ist der Meinung, dass es großer Besonnenheit erfordere, die schrecklichen Terroranschläge von Paris und die Flüchtlingssituation in Deutschland nicht miteinander auf die falsche Weise zu verbinden. Katarina Witt betont, dass es darauf ankommt, die Flüchtlinge in Deutschland und Europa zu integrieren, denn dann können die Flüchtlinge tatsächlich eine Bereicherung darstellen. Nicht zu vergessen ist nach Ansicht von Katarina Witt allerdings die Gleichstellung der Frau als wichtige Voraussetzung für ein gutes Miteinander.
Katarina Witt bringt eigene Erfahrungen ein
Katarina Witt hat viel Verständnis für die Situation der Flüchtlinge, da sie selbst in ihrem Leben viel unterwegs war und häufig Hilfe benötigte. Sie war schon immer politisch interessiert und möchte sich einbringen. Sie war Kuratoriumsvorsitzende der Münchner Olympia-Bewerbung 2018 und bekam daher viele Einblicke in die Sportpolitik. An den Sport hat sie einige Wünsche:
- keine männliche Kumpanei-Politik in den Sportvereinen, stattdessen mehr Transparenz
- Kampf gegen Doping
- Sportler sollen dort ihre Steuern zahlen, wo sie ihr Geld verdienen; deutsche Sportgrößen sollen nicht aus steuerlichen Gründen ins Ausland ziehen
Katarina Witt ist der Meinung, dass die Flüchtlinge tatsächlich eine Bereicherung im Sport sein können. Das muss nicht im Fußball sein, sondern auch in anderen Sportarten, beispielsweise Handball, Eishockey, Volleyball oder Leichtathletik, können die Flüchtlinge den deutschen Sport bereichern.
Was der Sport für Flüchtlinge tun kann
Bereits seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres wird über die Unterstützung der Flüchtlinge durch Fußball-Clubs berichtet. Verschiedene alte Projekte laufen weiter, neue Projekte der Hilfsbereitschaft werden ins Leben gerufen. Allerdings werden verschiedene Sportanlagen für die Unterbringung von Flüchtlingen zweckentfremdet genutzt. Ein Beispiel dafür, dass Flüchtlinge eine Bereicherung für den Sport sein können, ist Boxerin Susi Kentikian. Sie wurde Weltmeisterin im Fliegengewicht und ist als Killerqueen bekannt. Sie floh mit ihrer Familie im Jahre 1992 aus Armenien nach Deutschland. Schon frühzeitig zeigte Susi ihr Talent als Boxerin – vermutlich wäre die Familie ohne Susis Talent bereits abgeschoben worden. Die Killerqueen gilt als Musterbeispiel für die Integrationskraft des Sports; sie selbst spricht sich dafür aus, dass Flüchtlinge aufgenommen werden und die Möglichkeit erhalten sollten, in ihrem Leben etwas zu schaffen.
Sport kennt keine Unterschiede
Karin Fehres vom Vorstand des Deutschen Olympischen Sportbundes, die für Sportentwicklung zuständig ist, äußerte sich dahingehend, dass der Sport viele Möglichkeiten bietet:
- Sport kennt keine sprachlichen und kulturellen Unterschiede
- Menschen können sich beim Sport auf einfache Art begegnen
- Sport erleichtert das Lernen und bietet Alternativen zu Sprachförderprogrammen
Mit dem Programm Integration durch Sport fördert der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seit mehr als 25 Jahren die positiven Effekte des Sports. Auf Landes- und Vereinsebene wurden bereits viele integrative Sport- und Qualifizierungsangebote ermöglicht. Sportorganisationen wollen mit den dabei gewonnenen Erfahrungen die Flüchtlingsbetreuung ausbauen und die Flüchtlinge vor Ort unterstützen.
Zusätzliche Mittel für sportliche Unterstützungsangebote
In den letzten Monaten wurden viele zusätzliche Mittel von
- Internationalem Olympischem Komitee
- Ländern
- Kommunen
- Verbänden
für die sportliche Unterstützung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Klaus Böger, der Präsident des Berliner Landes-Sportbundes, sagt, dass bereits 40 Vereine in den Berliner Erstaufnahme-Einrichtungen die Sportkooperation betreiben. Der Versicherungsschutz für die Flüchtlinge wird vom Landessportbund übernommen, dazu müssen die Flüchtlinge keine Mitglieder im Verein werden. Fakt ist allerdings, dass noch immer viele Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden und den Vereinen nicht zur Verfügung stehen. Diese Situation verlangt den Vereinsmitgliedern eine Menge Verständnis ab, denn sie müssen improvisieren. Robert Kromm vom Club BR Volleysaus musste mit seinem Club aus dem Sportforum Hohenschönhausen ausziehen. Der 197-fache Nationalspieler sagt, dass es jetzt einfach sei, auf die Regierung zu schimpfen, doch er trainiere lieber auf einem Betonparkplatz als dass die Menschen im wohlhabenden Deutschland auf der Straße erfrieren müssten. Die Verbände und der DOSB appellieren an die Politik, dass die Belegung von Sporthallen mit Flüchtlingen die absolute Ausnahme bleiben müsse und dass vor allem die Vereine rechtzeitig darüber informiert werden müssten. Karin Ferres vom DOSB ist der Meinung, dass die Vereine ihren Mitgliedern gegenüber in Erklärungsnot geraten, wenn die Sporthallen zweckentfremdet genutzt werden.
Vereine machen die Rechnung ohne die Finanzämter
Viele Fußballvereine in Deutschland zeigen sich großzügig und lassen fußballinteressierte Flüchtlinge kostenfrei mittrainieren; auch das Ministerium für Familie in Nordrhein-Westfalen sieht Sport als wichtigen Integrationsfaktor an und hat eine eigene Internetseite dafür eingerichtet. Es geht darum,
- gemeinsames Sporterlebnis zu schaffen
- durch Sport Einblicke in andere Kulturkreise zu erhalten
- Missverständnisse und Vorurteile aus dem Weg zu räumen
- Verständnis und Toleranz aufzubauen
Allerdings machen die Finanzämter den Sportvereinen, in denen Flüchtlinge kostenlos mittrainieren dürfen, einen Strich durch die Rechnung. Sie haben bereits Mahnschreiben an einige Vereine geschickt und drohen den Vereinen mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit. Um die Flüchtlinge zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich sportlich zu betätigen, kommt es auf eine einheitliche Regelung für alle Bundesländer an.
Flüchtlinge können den Sport bereichern
Flüchtlinge können eine Bereicherung für den Sport in Deutschland sein, denn häufig haben sie Talent und begeistern sich für Sport. Damit sie sich tatsächlich einbringen können, kommt es darauf an, ihnen die Möglichkeit dafür zu geben. Da dürfen die Finanzämter nicht im Wege stehen, einheitliche Regelungen müssen daher geschaffen werden. Verschiedene Sportprojekte sind bereits gute Beispiele für die Integration der Flüchtlinge. Vielleicht wird schon bald von neuen Talenten im Sport die Rede sein, bei denen es sich um Flüchtlinge handelt, bei denen die Integration gelungen ist. Die Flüchtlinge können nicht nur den Fußball, sondern auch verschiedene andere Sportarten bereichern, wie die Boxerin Susi Kentikian beweist.
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