Bayer-Trainer Roger Schmidt sorgte am Samstag bei der 0:3-Pleite seiner Leverkusener gegen die TSG Hoffenheim für einen negativen Höhepunkt. Der Chefcoach verlor kurzerhand die Kontenance, beleidigte Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann und wurde korrekterweise vom Schiedsrichter mit einem Platzverweis belegt und musste auf die Tribüne. Der DFB hat mittlerweile das Strafmaß mitgeteilt: Eine lächerliche Zwei-Spiele-Sperre. Glück für Schmidt und Bayer Leverkusen, doch als Widerholungstäter hat der Bayer-Coach mächtig an Ansehen verloren. Kann er überhaupt noch als Vorbild dienen?
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“Halt doch einfach mal die Schnauze”

Fußball und Emotionen gehören einfach zusammen. Und es ist gut, wünschenswert und absolut nachvollziehbar, wenn auch Trainer emotional während eines Spiels voll bei der Sache sind, zumal die Übungsleiter permanent unter einem hohen Erfolgsdruck stehen. Doch wenn das eigene Verhalten in Unbeherrschtheit ausartet, geht das gar nicht. So geschehen am vergangenen Samstag in der Bundesliga-Partie zwischen Bayer Leverkusen und Hoffenheim (0:3).

In der 51. Minute und beim Stande von 0:2 kam es zu einem Leverkusener Foul an der Mittellinie, worüber sich Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann wild echauffierte. Daraufhin vergriff sich dessen Kollege auf der gegnerischen Trainerbank gehörig in der Wortwahl, wie die Außenmikrofone des Pay-TV-Senders Sky festhielten. Demnach polterte Roger Schmidt Richtung Nagelsmann:

“Gar nichts war das! Setzt dich mal auf’n Arsch. Was bist du denn für ein Spinner?” Und weiter: “Halt doch einfach mal die Schnauze. Glaubst du, du hast den Fußball erfunden?”

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Schmidt-Strafe eine Farce

Schiedsrichter Dankert entschied auf Freistoß für Hoffenheim und nach einer Diskussion mit dem vierten Offiziellen wurde Schmidt auf die Tribüne verwiesen. Im Nachhinein ist das natürlich den hochkochenden Emotionen geschuldet, doch im Fall Schmidt sieht es ein bisschen anders aus. Denn der gute Mann ist eben Wiederholungstäter, der bereits zum dritten Mal während seiner Leverkusen-Zeit vom Platz geflogen ist (s.u.). Da ist die Zwei-Spiele-Sperre vom DFB-Sportgericht eine Farce und schon sehr verwunderlich.

Zumal die Sperre faktisch gesehen nur eine Ein-Spiel-Sperre darstellt. Denn am Dienstagabend bestreitet Bayer Leverkusen sein DFB-Pokalspiel bei Drittliga-Aufsteiger Sportfreunde Lotte, welches der Werksklub auch ohne seinen Chefcoach im Normalfall gewinnen sollte. Zudem ist Bayer-Trainer Schmidt für die anstehende Bundesligapartie beim VfL Wolfsburg gesperrt. Für die Leverkusener mag das gut sein, sind diese und vor allem Schmidt doch mit einem blauen Auge davongekommen. Schließlich wurde der dünnhäutige Trainer erst im Februar für sein Fehlverhalten im Spiel gegen Borussia Dortmund (0:1), wo er sich geweigert hat, den Innenraum auf Anweisung des Schiedsrichters zu verlassen und somit eine neunminütige Unterbrechung forcierte. Kleine Randnotiz: In den drei Spielen ohne Trainer Schmidt an der Seitenlinie holte Bayer Leverkusen nur einen Punkt aus den drei Spielen.

Längere Strafe als Lerneffekt

Bei Bayer Leverkusen kann man mit dem aktuellen Urteil gegen Schmidt sehr zufrieden sein, zumal er nach seinem verbalen Ausrutscher am Samstag gegen 1899-Trainer Nagelsmann auch ohne Vorstrafe mindestens für das Spiel gegen Wolfsburg gesperrt gewesen wäre. Nach normalen Verständnis wäre eine deutlich härtere Strafe für den 49-Jährigen richtig und allen voran zwangsläufig gewesen.

Denn gerade als Wiederholungstäter hätte Schmidt eine längere Sperre gut getan, um endlich daraus etwas zu lernen. Schließlich ist der einstige Regionalliga-Spieler seit 2014, als er den Trainerposten unter dem Bayer-Kreuz übernahm, insgesamt dreimal vom Platz geflogen!

  • Schmidt Platzverweis zum Ersten – 08.02.2015: Schmidt wurde beim Auswärtsspiel bei Werder Bremen (1:2) wegen “unflätigen Schimpfens” von Schiedsrichter Peter Sippel auf die Tribüne verwiesen, nachdem er vor sich hin fluchte. Vom DFB-Sportgericht wurde er zu einer Geldstrafe über 6.000 Euro verdonnert.
  • Schmidt Platzverweis zum Zweiten – 21.02.2016: Schmidt wird beim Heimspiel gegen Borussia Dortmund (0:1) wegen Reklamierens von Schiedsrichter Felix Zwayer aus dem Innenraum verwiesen, doch der Coach weigerte sich erst, sodass die Partie für neun Minuten unterbrochen werden musste. Vom DFB-Sportgericht wurde er für drei Spiele mit einer Innenraumsperre belegt, zudem wurden zwei weitere Spiele auf Bewährung ausgesetzt.
  • Schmidt Platzverweis zum Dritten – 22.10.2016: Schmidt wurde wegen Beleidigung von Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann (“Was bist Du denn für ein Spinner? Halt doch einfach die Schnauze!”) auf die Tribüne verwiesen. Vom DFB-Sportgericht bekam er wegen der zuvor auf Bewährung ausgesetzten Zwei-Spiele-Sperre vom Februar ein Innenraumverbot für zwei Partien und muss zudem eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro zahlen.

Schmidt verletzt Vorbildfunktion

Fakt ist, dass Roger Schmidt mit seinem jüngsten Verhalten seinen Ruf als Sportsmann selbst geschadet hat. Und nachdem in der Vergangenheit neben Schiedsrichtern und auch schon Journalisten ihr Fett wegbekommen haben, richtete sich Schmidts Wut und Zorn gegen einen Trainerkollegen. An vielen Fußball-Stammtischrunden wird sicherlich der Einwand zu vernehmen sein, dass solche verbale Fehltritte gerade beim ‘Männersport’ Fußball dazu gehören und man diese nicht auf die Goldwaage legen sollte.

Doch es geht im Fall Roger Schmidt auch um die Vorbildfunktion, die der Profifußball im Allgemeinen und die Spieler und Trainer im Speziellen haben. Das wird auch immer wieder vom DFB betont. Und das eine Vorbildfunktion kein Lippenbekenntnis sein sollte, war der Platzverweis von Schmidt wegen Beleidigung auch absolut richtig. Zugleich hätte das DFB-Sportgericht Wiederholungstäter Schmidt mit einer deutlich härteren Strafe belegen müssen! Doch stattdessen führt das DFB-Sportgericht sein eigenes Urteil aus der Vorsaison nachträglich ad absurdum.

Roger Schmidt hat erneut Grenzen überschreitet und ist als Vorbild sicher nicht mehr geeignet! roger-schmidt

Schmidt: Rückendeckung von Kollegen

Doch zugleich kann sich Schmidt aber auch über Rückendeckung einiger Trainerkollegen wie Christian Streich vom SC Freiburg (“Wir sind auf dem Kickplatz und da wird auch mal vulgärer gesprochen und da rummst es ab und zu.”) oder Niko Kovac von Eintracht Frankfurt (“Natürlich hat man als Trainer eine Vorbildfunktion. Aber man sollte das jetzt auch nicht zu hoch hängen. Das hat schon eine Hysterie angenommen, das ist nicht gut. Trainer sind auch nur Menschen und keine Maschinen.”) freuen.

Ursachen für Schmidt Entgleisung gegen Nagelsmann

Dabei gibt es natürlich einige ganz simple Erklärungsansätze, mit denen sich Schmidts verbale Entgleisungen gegen Nagelsmann am Samstag zumindest ansatzweise erklären lassen. Das fängt beim hohen Druck und Anspannung an, zumal Bayer Leverkusen nach acht Spielen nur zehn Punkte hat und den eigenen Ansprüchen auf Platz elf liegend deutlich hinterherhechelt. Und in der Champions League droht nach drei Unentschieden zum Auftakt das vorzeitige Aus. Zum anderen gilt Schmidt als notorisch schlechter Verlierer, der leicht reizbar ist. Und darüber hinaus strebt Schmidt nach Vollendung des perfekten Spiels seiner Mannschaft auf höchstem Niveau, doch von Topniveau ist Bayer Leverkusen derzeit weit entfernt. Einen neuen Spielstil prägen eher andere Trainer, wie beispielsweise der Emporkömmling Julian Nagelsmann, der als 29-Jähriger in Hoffenheim große Erfolge feiert.

Fotos: By Вячеслав Евдокимов – fc-zenit.ru, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36346028 & By Fuguito – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42236066

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