Vereine, die von der neuen Regelung betroffen sein könnten
Geht es nach dem FC St. Pauli, könnten schon bald einige Vereine von den laut Antrag geforderten Regelungen betroffen sein und keine TV-Gelder mehr erhalten. Das betrifft vor allem die Bundesligisten
- Bayer 04 Leverkusen
- VfL Wolfsburg
- TSG 1899 Hoffenheim
Hannover 96 könnte ab 2017 vom Ausschluss der Verteilung der TV-Gelder betroffen sein. Für einige Vereine hat das ernsthafte Konsequenzen. Die TSG Hoffenheim steht gegenwärtig auf dem letzten Tabellenplatz der Bundesliga; Huub Stevens wurde als Trainer verpflichtet, um die Mannschaft wieder nach oben in der Tabelle zu bringen. Bekommt der Verein keine TV-Gelder mehr, dann sieht es für ihn schlecht aus, da er keine Spieler für teures Geld mehr einkaufen kann, der Abstieg ist vorprogrammiert. Hauptsponsor vom VfL Wolfsburg ist VW, doch könnten aufgrund des Abgasskandals von VW schon bald wichtige Sponsorengelder wegbrechen, denn VW erleidet gegenwärtig einen Verlust von vielen Millionen Euro.
Die Reaktion der Vereine auf den Antrag
Die betroffenen Vereine reagierten überrascht auf diesen Antrag. Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, äußerte sich gegenüber der Bild-Zeitung vom Montag, dass dieser Antrag unüberlegt und substanzlos sei und dass er nicht mehrheitsfähig ist. Die Bewilligung des Antrags würde das Ende der Zentralvermarktung bedeuten, es würde dann nur noch eine Einzelvermarktung geben. Der Antrag gilt als chancenlos, am 2. Dezember soll auf der DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt darüber entschieden werden. Andreas Rettig, der Geschäftsführer von St. Pauli, hatte früher die gleiche Funktion bei der DFL inne. In einer gemeinsamen Stellungnahme äußerten sich die vier betroffenen Vereine, dass die Bewilligung des Antrags das Ende der Solidargemeinschaft zur Folge hätte. Die satzungsgemäß geregelte Verteilung der Vermarktungserlöse würde dann für die betroffenen Vereine nicht mehr in Frage kommen. Für die Bundesliga, aber auch für die 2. Bundesliga würde es keine Zentralvermarktung mehr geben. Es ist erstaunlich, dass ein Zweitligist einen solchen Antrag stellt. Große Clubs wie der deutsche Rekordmeister Bayern München würden von einer Aufkündigung der Zentralvermarktung profitieren, denn sie könnten mit einer Einzelvermarktung deutlich höhere Einnahmen verbuchen. Auch Michael Schade, der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, spricht davon, dass der Antrag nicht durchsetzbar ist; vor dem Abflug seiner Mannschaft zum Champions League Spiel gegen BATE Baryssau erklärte er, dass ein Ausschluss der Werksclubs dazu führen könnte, dass möglicherweise noch andere Vereine aus der Zentralvermarktung ausscheiden könnten. Die großen Vereine würden seiner Meinung nach freiwillig ausscheiden, um von der Einzelvermarktung zu profitieren. Rudi Völler, der Sportchef von Bayer Leverkusen, kommentiert den Antrag, dass dies typisch für Andreas Rettig sei, der „ein bisschen auf Schweinchen Schlau“ mache. Völler hält den Antrag für populistisch und ist davon enttäuscht. In den betroffenen Vereinen gilt der gleiche Tenor:
- Antrag ist nicht mehrheitsfähig
- große Vereine könnten künftig von der Einzelvermarktung profitieren
- Nachteile für die vom Ausschluss betroffenen Vereine
- Ende der Zentralvermarktung
Verstoß gegen die Satzung
Martin Kind von Hannover 96 bezeichnet den Antrag des FC St. Pauli als substanzlos. Wolfgang Hotze, der Geschäftsführer vom VfL Wolfsburg, äußerte sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass dieser Antrag ein Verstoß gegen die Satzung sei. Er sieht mit diesem Antrag die Grundwerte des Erfolgs des deutschen Profifußballs in Gefahr und hält die Durchsetzung des Antrags für eine schädliche Entwicklung. Klaus Allofs, bestärkt Wolfgang Hotze in seiner Meinung. Der Dachverband der DFL wollte sich zu diesem Vorgang bislang noch nicht äußern. Die vier betroffenen Erstliga-Clubs richteten ein gemeinsames Schreiben an die DFL und äußerten sich, dass dieser Antrag als unzulässig oder zumindest als unbegründet einzuordnen sei. Sie begründeten ihre Darlegungen, dass der Ausschluss der vier Vereine von der Verteilung der Vermarktungserlöse ein Ende der Solidargemeinschaft der Bundesliga und der 2. Bundesliga zur Folge hätte.
Die Folgen der Durchsetzung des Antrages
Das Ende der Solidargemeinschaft in der ersten und zweiten Bundesliga wäre nur eine Folge der Durchsetzung des Antrages des FC St. Pauli. Die Verteilung der Vermarktungserlöse aus dem TV erfolgt rein marktwirtschaftlich, sie orientiert sich an der Nachfrage. Für die Zweitligisten hätte das deutlich geringere Erlöse zur Folge, gerade daher ist es erstaunlich, warum gerade ein Zweitligist einen solchen Antrag stellt. Der FC St. Pauli steht in der zweiten Liga erstaunlich gut da, er steht gegenwärtig auf dem dritten Tabellenplatz und hat, wenn er weiterhin derart erfolgreich spielt, gute Chancen, am Saisonende in die erste Bundesliga aufzusteigen. Von der Aufkündigung der Zentralvermarktung könnten große Clubs wie Bayern München profitieren, denn mit der Einzelvermarktung könnten sie deutlich höhere Erlöse erzielen. Die Folgen auf den Punkt gebracht:
- Ende der Solidargemeinschaft
- bessere Chancen für die großen Vereine
- schlechtere Chancen für die kleineren Vereine
Die Durchsetzung des Antrags würde also einen Abstieg kleinerer Vereine und einen noch größeren Erfolg der großen Vereine bedeuten, die kleineren Vereine hätten gegen die Großen überhaupt keine Chancen mehr.
Die gegenwärtige Vermarktung der Übertragungsrechte
Die Übertragungsrechte werden gegenwärtig von der DFL zentral vermarktet. Der Vierjahresvertrag läuft 2017 aus, das Gesamtvolumen liegt bei 2,5 Milliarden Euro. Die DFL verteilt in dieser Saison insgesamt 850 Euro aus der zentralen Vermarktung, davon gehen 170 Millionen Euro, also 20 Prozent, an die zweite Bundesliga. Würden die vier Vereine von der Verteilung der Vermarktungseinnahme ausgeschlossen, dann wären sie nicht mehr wettbewerbsfähig. Der VfL Wolfsburg ist gegenwärtig in der Bundesliga noch recht erfolgreich, doch würden die TV-Erlöse wegbrechen, dann würden ihm wichtige Gelder fehlen, er könnte nicht mehr in Spieler investieren, das hätte den Abstieg zur Folge. Auch international, beispielsweise in der Champions League, könnte der Verein dann nicht mehr mitmischen. Hannover 96 und die TSG Hoffenheim, gegenwärtig weit abgeschlagen in der Bundesliga, hätten mit dem Ausschluss aus der Zentralvermarktung überhaupt keine Chancen mehr. Den Vereinen fehlen die Mittel, um sich selbst zu vermarkten. Während sich finanzstarke Vereine erfolgreich selbst vermarkten können, so wäre für die schwächeren Vereine eine Eigenvermarktung nahezu unmöglich.
Keine Begründung vom FC St. Pauli
Der FC St. Pauli hat zwar einen Antrag gestellt, die vier Bundesliga-Vereine von der Verteilung der TV-Erlöse auszuschließen, doch umso verwunderlicher ist, dass dieser Antrag keine plausible Begründung enthält. Denkbar ist eine Begründung, dass es sich um Werksvereine handelt und die Vereine vom Werk, dem sie angehören, gesponsert werden, beispielsweise der VfL Wolfsburg von VW oder Bayer 04 Leverkusen von Bayer. Doch nichts begründet die Forderung, diese Vereine von der TV-Vermarktung auszuschließen, denn die Vereine sind nicht finanzkräftiger als große Vereine wie Bayern München. Auch der FC St. Pauli könnte von dieser Veränderung kaum profitieren. Erhofft sich der FC St. Pauli vielleicht, mit der Durchsetzung des Antrags bessere Chancen zu haben?
Kaum Chancen auf Durchsetzung des Antrags
Die Entscheidung über den Antrag des FC St. Pauli fällt am 2. Dezember 2015. Die Verantwortlichen der DFL wollten sich noch nicht äußern; denkbar ist allerdings, dass der Antrag abgelehnt wird. Viele Gründe sprechen für die Ablehnung des Antrags:
- Ende der Zentralvermarktung der 1. und 2. Bundesliga
- deutlich weniger Wettbewerbsfähigkeit der Werksvereine, aber auch anderer Vereine
- Ende der Solidargemeinschaft in der Bundesliga
- Vorteile für größere Vereine, Nachteile für kleinere Vereine
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