DFB-Auswahl gegen Taxifahrer, Buchhalter und Co.
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Während der letzten EM-Qualifikation war es Gibraltar, in der aktuellen WM-Qualifikation ist es San Marino geworden: Jedes Mal wenn die Quali-Gruppen ausgelost werden, stellt sich auch immer die Frage, welchen Fußballzwerg bekommt man diesmal zugelost? Vor der Auslosung der Gruppen für die WM-Qualifikation tummelten sich folgende Nationen im ominösen Topf 6 der krassen Underdogs:
- Kasachstan
- Luxemburg
- Liechtenstein
- Georgien
- Malta
- San Marino
- Andorra
Gerade die ‘Nationalmannschaften’ von San Marino, Andorra, Liechtenstein oder Malta werden fast ausschließlich von Amateurkickern gebildet. Diese gehen wie jeder normale Bürger einer gewöhnlich Arbeit nach und fahren beispielsweise Taxi, sind Buchhalter, Polizist oder Olivenöl-Verkäufer. Für die ist natürlich ein Highlight, gegen den Weltmeister Deutschland zu spielen oder vielleicht einem Cristiano Ronaldo ganz nah zu kommen! Doch gerade für die größeren Fußballnationen sind diese Duelle hingegen lästige Pflichtaufgaben. Sportlich bringen die Partien gegen die dritt-, viert- oder fünftklassige Kontrahenten die Stars nicht weiter und mitunter sind die Anreisen äußerst strapaziös, wie im beispielsweise im Fall von Kasachstan!
Spannung sieht anders aus
Und wirklich ansehnlich sind diese ungleichen Kräftemessen in bester ‘David gegen Goliath’-Manier auch nicht. Auf der einen Seite der hoffnungslos unterlegen Fußballzwerg, der sich mit Mann und Maus vorm eigenen Strafraum verriegelt und sich schon glücklich schätzen darf, wenn er überhaupt mal Richtung gegnerisches Tor schießt, geschweige denn die Mittellinie überquert – um es etwas übertrieben darzustellen. Auf der anderen Seite die millionenschweren Superstars, die mehr oder weniger motiviert versuchen, einen Kantersieg herauszuschießen und vielleicht die eigene Torquote nach oben zu schrauben. Doch wirklich sinnvoll und spannend sind solche Quali-Spiele nicht, wenn es im Vorfeld nur um Frage wie ‘Wie hoch gewinnt Deutschland?’ oder ‘Wird es zweistellig?’ geht!
Wie überschwänglich die Begeisterung und Vorfreude der Nationalspieler auf Duelle gegen Fußballzwerge ist, lässt sich auch immer wunderbar an der ganz plötzlichen Absageflut erkennen. Plötzlich zwickt die Wade oder ein leicht grippaler Infekt bahnt sich. Wenn wirklich etwas auf dem Spiel stehen würde, hätten wohl weder Manuel Neuer oder Jerome Boateng wegen ihren kleinen Wehwehchen die Länderspielreis nach San Marino abgesagt. Aber wer will es ihnen verübeln?
San Marino ist ohnehin ein gutes Stichwort: Der 33.000 Einwohner zählende Zwergenstaat, der in der FIFA-Weltrangliste auf dem 201. Platz liegt, hat von seinen bisher 134 Länderspielen genau eins gewinnen können – gegen Liechtenstein! Und Deutschland hatte schon mal die Ehre, im Stadio Olimpico – dem einzigen Stadion San Marinos, dass den FIFA-Regularien entspricht, ein Quali-Spiel zu absolvieren. Nach langem Kampf stand am Ende ein knappes 13:0!!! Und auch wenn die San Marinesen in den letzten zehn Jahren sicher nicht schlechter geworden sein dürften, war die Aussage von Verteidiger Benedikt Höwedes schon aussagekräftig genug, dem das anstehende Duell ein “ein bisschen wie Bezirksliga” vorkommt.
Ohne Worte: Quali-Statistik der Fußballzwerge
Apropos aussagekräftig: An dieser Stelle wollen wir uns auch mal den Spaß machen und das Abschneiden einiger Fußballzwerge bei der EM-Qualifikation für die Endrunde 2016 in Frankreich aufzuzeigen:
- Andorra: 10 Niederlagen in 10 Spielen bei einem Torverhältnis von 4:36
- Gibraltar: 10 Niederlagen in 10 Spielen bei einem Torverhältnis von 2:56
- San Marino: 1 Unentschieden und 9 Niederlagen bei einem Torverhältnis von 1:36
- Malta: 2 Unentschieden, acht Niederlagen bei einem Torverhältnis von 3:16
- Liechtenstein: 1 Sieg, 2 Unentschieden, 7 Niederlagen bei einem Torverhältnis von 2:26
Wir lassen das einfach mal so stehen…
Löw wünscht sich Vor-Qualifikation der Fußballzwerge
Das Thema einer Vor-Qualifikation unter den Fußballzwergen keimt immer mal wieder auf, für die sich auch einst Bundestrainer Joachim Löw im ‘kicker’ im Rahmen der WM-Qualifkation 2014 eindeutig positionierte
“Der Terminkalender ist übervoll, da wäre Abhilfe nötig. Ob es aus sportlicher Sicht Sinn macht, zweimal gegen Länder wie Kasachstan, Andorra, San Marino oder die Färöer anzutreten, darüber kann man schon diskutieren. Ich persönlich bin für die Einführung einer Vorqualifikation!”
Gerade die großen Nationen wie Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich oder England würden solch eine Regelung mit Sicherheit begrüßen. Zumal auch die europäischen Topklubs, die in der Regel auch die meisten Nationalspieler stellen, eine Entlastung des Terminkalenders sowie weniger Abstellzeiten für ihre Auswahlspieler erfreuen würde. Doch kommen wird sie mit großer Sicherheit nicht. Allen voran die betroffenen kleinen Fußballländer würden sich heftig dagegen wehren und finden solche Gedankengänge höchst unpopulär. Zumal die Fußballzwerge natürlich auch finanziell mit den Vergleich gegen die Großen profitieren. Das es dabei in steter Regelmäßigkeit Klatschen setzt, nimmt man gerne in Kauf. Und irgendwie haben ja auch die kleinen Länder eine faire Chance verdient.
Aus der Not eine Tugend machen
Zudem haben die Quali-Spiele gegen die Fußballzwerge auch für die Trainer ihre Vorzüge. Schließlich freuen sich diese über jede Mannschaftszusammenkunft. Zumal miteinander trainiert werden kann und in den Partien kommen auch der ein oder andere Spieler aus der zweiten Reihe zum Einsatz, die somit etwas Spielpraxis im DFB-Trikot sammeln können. Zudem können das ein oder andere Experiment durchgeführt werden. Ob es nun Dreierkette ist oder Spieler auf für sie eher untypischen Positionen getestet werden. Es bleibt nichts anderes übrig, als aus der Not eine Tugend zu machen.
Wir Fußball-Fans lieben natürlich die großen Duelle und Klassiker gegen Teams wie Frankreich, Spanien, Italien, England, die Niederlande und Co. Doch wenn mal wieder ein ungleiches Duell gegen einen Fußballzwerg auf dem Programm steht, wird keiner gezwungen, den Fernseher einzuschalten. Wer keinen Bock drauf hat, kann die Zeit durchaus sinnvoll nutzen und sich auf einen schönen fußballfreien Abend mit der Liebsten oder Freunden freuen.
