Seit dem Beginn der Bundesliga-Saison 2015/16 spielt Borussia Dortmund sehr erfolgreich; der neue Trainer Thomas Tuchel tut dem Verein richtig gut. Mit gegenwärtig 32 Zählern steht der Verein auf dem zweiten Platz in der Bundesliga-Tabelle, auf den Fersen des deutschen Rekordmeisters Bayern München. Thomas Tuchel ist jedoch nicht bei allen Spielern des Vereins beliebt, zumindest nicht bei Mats Hummels. Der deutsche Nationalspieler geriet in der letzten Zeit immer häufiger in die negativen Schlagzeilen, er zeigt Star-Allüren, übt Kritik an Tuchel und strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Selbstkritik ist ganz sicher nicht seine Sache. Am letzten Sonntag beim Spiel gegen den VfB Stuttgart gehörte Mats Hummels nicht zur Startelf, er saß auf der Ersatzbank. Hummels ist Mannschaftskapitän von Borussia Dortmund; seit der beiden Niederlagen in Folge bei den Pflichtspielen in Hamburg und in der Europa League gegen den FK Krasnodar sammelt er nicht nur Pluspunkte bei den Fans. Wird Mats Hummels jetzt der neue Sündenbock von Borussia Dortmund?

Zwei Niederlagen in Folge

Nach einer Serie von vielen Siegen in

  • Bundesliga
  • DFB-Pokal
  • Europa League

Borussia Dortmundmusste der BVB zwei Niederlagen kassieren, an denen Mats Hummels nicht unschuldig war. Beim Spiel am 20. November gegen den Hamburger SV verlor Borussia Dortmund 1:3; beim darauffolgenden Europa League Spiel gegen den FK Krasnodar am 26. November verlor der BVB 0:1. Hummels gab bei beiden Partien keine gute Figur ab, er hatte beim Spiel in Hamburg ein Eigentor geschossen und beim Spiel in Krasnodar bereits nach achtundzwanzig Sekunden einen Elfmeter verursacht, nach dem die Russen schließlich das einzige Tor der Partie landeten. Im Gegensatz zum Spiel in Hamburg, bei dem Hummels vor den Fans seines Vereins in Deckung ging, um sich nicht äußern zu müssen, ging er in Russland in die Offensive. Er trat dicht an das Metallgitter heran, das Fans und Spieler voneinander trennte. Hummels ließ es auf einen Dialog ankommen, der in einen Disput ausartete. Am Ende der Diskussion sagte Hummels, dass beide Seiten ihre Standpunkte klargemacht hätten. Er zeigte Selbstbewusstsein und äußerte sich dahingehend, dass die Mannschaft immer hinter ihren Fans steht und auch umgekehrt. Er hofft schließlich darauf, dass derartige Aussprachen auch positive Auswirkungen haben.

Mats Hummels – ein streitbarer Charakter

Mats HummelsMats Hummels ist ein guter Abwehr- und Aufbauspieler – ohne Zweifel ist er gut, sonst wäre er nicht Mannschaftskapitän und würde nicht in der Nationalmannschaft spielen. Hummels ist einer, der polarisiert. Während ihn die einen mögen, so kritisieren andere sein übersteigertes Selbstbewusstsein und seinen Hang zur Überheblichkeit. Hummels viel schon vor den beiden verlorenen Spielen durch so manchen Fauxpas auf, der in Kombinationen mit Mängeln zum Punktabzug führte, so geschehen bei

  • Partie auswärts gegen die TSG Hoffenheim, bei der sich beide Mannschaften im Remis 1:1 trennten
  • beim darauffolgenden Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98, das mit 2:2 im Remis endete

Aufgrund dieser Fehler steht Hummels, der Weltmeister, im Kreuzfeuer der Kritik. Hummels ist Chef einer insgesamt anfällig wirkenden Abwehr, was erschwerend hinzukommt. Die hohe Produktivität der Abteilung Angriff glich diesen Nachteil bei den meisten Spielen aus. Das Spiel gegen den VfB Stuttgart daheim am letzten Sonntag zeigte, dass es auch (fast) ohne Mats Hummels geht, der bis zur 80. Spielminute auf der Ersatzbank saß. Der BVB gewann 4:1. Auch in der Europa League spielt Borussia Dortmund sehr erfolgreich; bereits vor dem letzten Spieltag der Gruppenphase konnte sich der Verein für die Endrunde qualifizieren.

Hummels Anteil an der Abwehrschwäche des BVB

Borussia Dortmund spielt zwar erfolgreich, doch Fakt ist, dass die Abwehr schwächelt. Hummels ist daran nicht unschuldig, denn

  • er verursacht entweder selbst Gegentore
  • oder er schafft es nicht, die Fehler der anderen Abwehrspieler auszugleichen

Hummels handelte sich noch mehr Ärger seiner Kritiker ein, da er auf diese Missgeschicke mit Schweigen reagierte. Er erntet keine Sympathie, indem er die Fehler bei den anderen sucht oder die beleidigte Leberwurst spielt. Nach Fehlern in der Abwehr beklagte Hummels hin und wieder öffentlich, dass das keine Verteidigung sei. Auch Thomas Tuchel konnte mit dieser Äußerung von Hummels nichts anfangen, denn er ist der Meinung, dass dies nur eine Floskel sei und dass es darauf ankommt, besser zu verteidigen. Allerdings bezieht Tuchel in aktuellen Diskussionen noch Stellung für Hummels. Tuchel sagt, dass der Kapitän in einer nicht sehr inhaltlich gestrickten Sache eine fast perfekte Antwort mit einer insgesamt sehr guten Leistung gab. Aus Ärger über den medialen Krawall gegen seine Person reichte Hummels über Twitter eine scharfe Protestnote ein, er sprach von einer völlig überzogenen Kritik und davon, dass es unglaublich sei, was er sich gefallen lassen muss. Vor der Rückreise aus Krasnodar äußerte sich Hummels dahingehend, dass es bei jedem Tor nur noch darum ginge, was er besser machen könnte und dass Fehler nur noch bei ihm gesucht werden. Michael Zorc, der Sportdirektor des BVB, sagte, dass er froh wäre, wenn Hummels auch ein gutes Beispiel zeigen würde, wenn es um Selbstkritik geht.

Selbstkritik ist nicht Hummels‘ Sache

Selbstkritik ist nicht die Sache von Mats Hummels, denn Selbstbewusstsein bewertet er deutlich höher. Er empfindet es als ungerecht, zusätzlich zu den eigenen Fehlern auch noch Fehler der anderen verantworten zu müssen. Sein Werdegang spielt dabei keine Rolle. Mats Hummels, der am 16. Dezember 27 Jahre alt wird, hat schon eine steile Karriere hinter sich:

  • Ausbildung beim FC Bayern München
  • mit 19 Jahren Wechsel zu Borussia Dortmund
  • Stammspieler unter Trainer Jürgen Klopp
  • deutscher Meister und Pokalsieger
  • Einzug ins Finale der Champions League
  • Weltmeister als Stammspieler der Nationalmannschaft
  • mit 25 Jahren Kapitän des BVB

Bundestrainer Joachim Löw nahm Hummels bereits lange vor seinem Durchbruch wahr und nahm ihn in den Kader der Nationalmannschaft auf. Ein Spieler im besten Profi-Alter, der auf eine derartige Karriere stolz sein kann, zeigt sich nicht unterwürfig. Hummels ist ein Platzhirsch und verteidigt diese Position. Die Ära so selbstbewusster Spieler wie

  • Lothar Matthäus
  • Stefan Effenberg
  • Oliver Kahn
  • Jens Lehmann

ist vorbei; gerade daher wird der Ruf nach selbstbewussten Spielertypen wieder laut. Schon immer galten solche selbstbewussten Spieler als schwierig – bei Hummels sieht das nicht anders aus – gerade darum eckt er an. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bringt es auf den Punkt, wenn er Hummels als einen manchmal nicht pflegeleichten Angestellten beschreibt. Ein Spieler wie Hummels muss nicht pflegeleicht sein, es ist kein Nachteil für die Qualität eines Spielers, wenn er nicht pflegeleicht ist. Fußball ist ein Unterhaltungsgeschäft, er lebt von Menschen, die auch polarisieren. Einer von ihnen ist Hummels – er ist vor allem eines: außergewöhnlich.

Besteht wirklich Grund zur Kritik an Mats Hummels?

Benedikt Höwedes, der bei Schalke spielt, verteidigt Hummels und steht voll hinter ihm. Er spricht davon, dass Hummels ein Riesenspieler sei, dem Dortmund unglaublich viel zu verdanken habe. Er äußert sich, dass Kritiker vorsichtig sein sollten, denn schon seit vielen Jahren spielt Mats auf einem derart hohen Niveau, dass selbst sein kleinster Fehler von den Kritikern mit Argusaugen bewertet wird. Peter Neururer, der Experte von Sport1, spricht im Bitburger Fantalk davon, dass die Kritik nicht angemessen sei und dass Journalisten, die keine Ahnung haben, Kritik üben. Trotz aller Fehler, die Hummels in der Vergangenheit unterlaufen sind, zeigt er in der Saison 2015/16 seine bislang stärkste Leistung:

  • zweikampfstärkster Spieler der aktuellen Bundesliga-Saison, gewann 70,5 Prozent seiner Duelle
  • Ligabestwert von 77 Prozent erfolgreichen Kopfball-Duellen
  • Steigerung im Vergleich zur letzten Saison, bessere Zweikampfwerte
  • weniger Zweikämpfe aufgrund der kontrollierteren Spielweise unter Tuchel, doch ist Hummels häufiger am Ball und hat mit nur 15,5 Prozent Passfehlquote eine bessere Passquote
  • Hummels fängt viele gegnerische Zuspiele ab
  • Hummels ist einer der fähigsten Verteidiger der Bundesliga

Hummels auf der Ersatzbank

Im Spiel gegen den VfB Stuttgart am letzten Sonntag, das der BVB mit 4:1 gewann, saß Hummels bis zur 80. Minute auf der Ersatzbank. Olaf Thon, Experte bei Sport1, bezeichnete diese Vorgehensweise als einen warnenden Fingerzeig von Trainer Thomas Tuchel, der zeigen wollte, dass es auch ohne Hummels geht und Hummels in die Schranken weisen wollte. Hummels sollte mit dieser Maßnahme erkennen, dass er nicht immer alles richtig macht. Tuchel spricht hingegen von einer mentalen Ermüdung und von einer Verschnaufpause, die er seinem Kapitän gönnen wollte.

Hummels wehrt sich gegen Kritik

Hummels verteidigt sich und wehrt sich gegen die Kritik. Er spricht davon, dass er definitiv falsch bewertet wurde und dass die Medien mit der Kritik weit an der Realität vorbei gehen. Schließlich ist es Fakt, dass Abwehrspieler meistens stärker als andere Spieler kritisiert werden. Wie Hummels sagt, wird ein Innenverteidiger sein Leben lang an Gegentoren beteiligt sein. In der letzten Zeit hat sich Hummels viele Fehler geleistet, die Gegentore zur Folge hatten. Starke Spieler wie Hummels sind der Kritik ausgesetzt, sie müssen damit leben und auch umgehen können.

Hummels hat es nicht verdient, der neue Sündenbock zu sein

Mats Hummels durchläuft gerade eine Krise:

  • er hat Fehler gemacht
  • steht mehr denn je im Kreuzfeuer der Kritik
  • verteidigt sich

Zumeist sind solche Phasen nur kurzfristig, schon bald wird ein anderer Spieler Gründe zur Kritik liefern, das muss kein BVB-Spieler sein. Mats Hummels ist selbstbewusst – egal, ob man ihn mag oder nicht, hat er es nicht verdient, zum Sündenbock gemacht zu werden. Die Kritik ist teilweise durchaus berechtigt, doch ist nicht zu vergessen, dass er ein hervorragender Spieler ist und das hoffentlich auch noch über einige Jahre bleiben wird.

Fotos: Wettbuero.de

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