Das war sie also – die wohl kurioseste Trainergeschichte in der laufenden Saison der 2. Bundesliga. Stefan Effenberg ist beim SC Paderborn nun endgültig Geschichte, der „Tiger“ ist zu einem Bettvorleger geworden und darf sich nun einen neuen Job suchen – sofern er denn seine ungültige Trainerlizenz wieder zurückbekommt. Doch alles der Reihe nach – wie kam es überhaupt so weit, dass der SC Paderborn ausgerechnet den schon zu seiner aktiven Spielerzeit als eher exzentrisch bekannten Stefan Effenberg als Trainer beschäftigte?
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Effenberg, der erfolgreiche Fußball Profi

EffenbergStefan Effenberg war schon immer ein eher schwieriger Typ, auch als Spieler ließ er an seiner komplizierten Persönlichkeit nie einen Zweifel. Der gebürtige Hamburger hat als Profi Fußballer sicherlich sehr viel erreicht:

  • Champions League Sieger 2001 (FC Bayern München)
  • Deutscher Meister 2001, 2000, 1999 (FC Bayern München)
  • DFB-Pokalsieger 2000 (FC Bayern München), 1995 (Borussia Mönchengladbach)
  • Weltpokalsieger 2001 (FC Bayern München)

In seinen insgesamt 35 Länderspielen für die deutsche Nationalelf konnte der Mittelfeldspieler insgesamt fünf Tore erzielen. Der jetzt 47-jährige ist außerdem Rekordhalter, was die Anzahl der Gelben Karten angeht. Insgesamt 114-mal wurde er mit dem Gelben Karton verwarnt und ist damit der bislang einzige Spieler, der eine dreistellige Anzahl an Verwarnungen erhalten hat. Er war auch der erste Spieler der Bundesliga, der eine Gelb-Rote Karte sah, das war am 20. August 1991 beim Spiel FC Bayern München gegen den FC Schalke 04. Nach seiner aktiven Karriere, die er 2003 beim VfL Wolfsburg ausklingen ließ, schloss er 2012 seine Ausbildung zum Fußballehrer ab und erwarb damit die Trainer-Lizenz.

Sportlich Top, aber von Skandalen nicht frei

Effenberg schaffte es immer wieder mit kleinen und großen Skandalen in die Presse zu geraten. So soll er unter anderem:

  • Am 1. Dezember einen stark alkoholisierten Mann körperlich schwer verletzt haben
  • Im Playboy Interview Arbeitslose beleidigt haben („Viele Leute leben vom Arbeitslosengeld offensichtlich so gut, dass sie keine Lust haben, morgens früh aufzustehen und bis in die Abendstunden zu buckeln – nur, damit sie am Ende des Monats schlappe hundert Euro mehr auf dem Konto haben.“)
  • Einen Polizisten bei einer Polizeikontrolle als „Arschloch“ bezeichnet haben (Er selbst behauptet, er hätte „Schön’n Abend noch“ gesagt)

Am 21. September 2015 ist Effenberg nach dem Besuch des Münchener Oktoberfestes mit 1,4 Promille im Blut am Steuer seines Fahrzeugs von der Polizei kontrolliert worden und hat seither keinen Führerschein mehr.

„Penis-Affäre“ im Trainingslager und die Erklärungsversuche des Präsidenten

Umso überraschender war dann die Nachricht, dass der Bundesliga Absteiger SC Paderborn die Skandalnudel Stefan Effenberg als Trainer und Nachfolger von Markus Gellhaus engagierte. Auf die sportlichen Leistungen der Mannschaft wirkte sich das nicht besonders positiv aus, inzwischen belegt der SC Paderborn in der 2. Bundesliga einen Abstiegsplatz und wird es egal mit welchem Trainer sehr schwer haben, die Klasse zu halten. Und nicht nur das: Natürlich blieben auch die Skandale nicht aus. Am bekanntesten sind wohl die Eskapaden der Mannschaft im Trainingslager in der Türkei in der Winterpause. Spieler Nick Proschwitz soll in der Hotelbar seine Hose runtergelassen haben – vor den Augen einer jungen Frau, die sich allerdings nach eigener Aussage davon nicht sonderlich belästigt fühlte. Vereinsboss Wilfried Finke sah sich zu einer Pressekonferenz genötigt.

  • „Tja, Sie können sich sicher alle vorstellen, dass das heute einer der dunkleren Tage in meinem Präsidentenleben ist, gestern ebenso. Denn als ich die Berichterstattung über das Trainingslager gelesen habe, war ich mehr als entsetzt. Weil angeblich dort Dinge vorgefallen sind, die nicht zu tolerieren, nein, die nicht nur nicht zu tolerieren sind, sondern die verabscheuungswürdig sind.“

So seine Worte zum Beginn der Veranstaltung. Und er setzte natürlich noch einen drauf, nahm Stefan Effenberg und Sportdirektor Born aus der Verantwortung und suspendierte den betreffenden Spieler mit sofortiger Wirkung:

  • „Mir ist völlig egal, wie tief die Hose hing, Tatsache ist, dass als Spieler des SC Paderborn, als Gast in einem muslimisch geprägten Land für solche Eskapaden kein Platz ist und dass aufgrund der gerade herrschenden gesellschaftlichen Diskussion auch noch ein Un-Zeitpunkt erwischt worden ist, wo dieses Thema berechtigterweise sehr starke Beachtung findet. Ich verurteile dieses Vorgehen. Das ist auch der Grund, warum der Spieler Nick Proschwitz das Trikot des SC Paderborn nicht wieder überstreifen wird.“

Teilweise wirkten die Erklärungsversuche des Präsidenten ungewollt komisch. Nach Berichten eines Boulevard Magazins sollen auch Vasen im Pool gelandet sein. Darauf Finke:

  • „Es waren keine Vasen im Pool. Richtig ist: Ein Spieler war im Pool, weil er eine Wette verloren hatte.“

Finke gibt den Fehler Effenberg zu

Inzwischen hat Finke, wenn auch reichlich spät, einsehen müssen, dass die Verpflichtung Effenbergs ein Fehler gewesen ist. Seit Mittwochabend gehen Verein und Trainer nun getrennte Wege, für Effenberg übernimmt René Müller, der den Job des Interimstrainers bereits in der Vergangenheit zweimal übernommen hatte, somit also auch kein unbeschriebenes Blatt ist. Und auch diesmal ließ Finke es sich nicht nehmen, bei der Pressekonferenz anlässlich der Entlassung Effenbergs im Plauderton seine Meinung zu äußern. Nachdem im Januar die sogenannte „Penis-Affäre“ bekannt wurde und im Februar der „Tiger“ einen Strafbefehl wegen der Oktoberfestgeschichte kassierte, kam auch noch auf den Tisch, dass die Trainerlizenz von Effenberg nicht verlängert werden wird.

  • „Diese Dinge haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Wenn dann so eine Meldung hereinkommt, von der ich bis zuletzt als vielleicht Einziger im Verein nichts wusste, ist mir das als Präsident natürlich peinlich.“

Stefan Effenberg selbst erfuhr von seiner Entlassung durch den Chef persönlich in einem Telefonat. „Stefan Effenberg hat das in gewohnt professioneller Art beantwortet. Ich hatte das Gefühl, dass er so etwas schon erwartet und es vielleicht sogar ein Stück weit mit Erleichterung aufgenommen hat“, so Finke. Und weiter: „Ich lasse es nicht zu, dass dieser Verein einen unseriösen Anstrich, so einen Hollywoodanstrich bekommt“, sagte Finke: „Der steht uns Paderbornern nicht so gut zu Gesicht.“ Er wolle keinen „SC Effenberg“, so der Präsident wörtlich.

Finke holt Saglik zurück

Jetzt werden die Uhren in Paderborn komplett zurückgedreht und Finke verstrickt sich dabei immer mehr in Widersprüche. Stürmer Mahir Saglik soll mit sofortiger Wirkung wieder in den Profikader rücken, da er der Mannschaft, laut Finke, in sportlicher Hinsicht jetzt helfen könne. Doch aus genau dem gegenteiligen Grund wurde vor der Winterpause seine Degradierung gerechtfertigt – in Paderborn wird es auch nach der Entlassung von Stefan Effenberg lange keine Ruhe geben.

Foto: wikimedia/Sonkun30

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