Zum Saisonstart gab es in der 1. Bundesliga diesmal etwas, was es sonst nicht so oft gibt. Statt der allseits bekannten Fahrstuhlmannschaften Nürnberg, Kaiserslautern oder Karlsruhe schafften es diesmal zwei Mannschaften, von denen es wohl niemand erwartet hätte, in das Fußball Oberhaus zu kommen. Die Rede ist von
  • FC Ingolstadt 04
  • SV Darmstadt 98
Und die bisherige Bilanz der beiden Teams kann sich durchaus sehen lassen. Derzeit belegt der FC Ingolstadt den neunten Tabellenplatz mit 36 Punkten, der nächste Europapokalplatz ist damit nur acht Punkte entfernt. Der SV Darmstadt 98 liegt mit 29 Zählern auf Rang 13. Die Lilien sind zwar voll mit dem Abstiegskampf beschäftigt, doch war dieser Umstand von Beginn an klar. Aber die Art und Weise, wie sich die beiden Mannschaften diese gute Ausgangslage erkämpfen konnten, erregt die Gemüter, vor allem die der Gegner. Die Statistiken der Liganeulinge lässt tief blicken.
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Mit 26 Toren 29 Punkte erzielt – der FC Ingolstadt

IngolstadtDer FC Ingolstadt ist auf Rang neun – mit nur 26 Treffern aus 28 Spielen. Nur der Tabellenletzte Hannover 96 hat weniger eigene Tore erzielen können. Das ist bemerkenswert und äußerst ungewöhnlich. Die Spielweise der Aufsteiger gilt nicht gerade als attraktiv. Viele Gegner ließen sich nach den Spielen gegen Ingolstadt oder Darmstadt zu weniger schönen Kommentaren hinreißen. Als Beispiel sei hier das Spiel zwischen dem FC Ingolstadt und dem Hamburger SV am 23. Spieltag genannt. Nach einem für den Zuschauer sehr langweiligen Auftritt der beiden Mannschaften endete das Spiel schließlich völlig unspektakulär mit 1:1. Josip Drmic vergaß seine guten Manieren und meinte nach dem Spiel:

  • „Das Spiel von Ingolstadt ist ein Horror für die Bundesliga. Bei so einem Spiel zuzuschauen tut nur den Augen weh.“

Auch sein Teamkollege Lewis Holtby wurde ungewohnt deutlich, als er meinte:

  • „Die sind nur am Labern. Das ist eine ekelhafte Mannschaft.“

Ekelhafter Fußball als Konzept

Das Wort „ekelhaft“ fällt in der Umgebung des FCI und des SV Darmstadt 98 auffällig häufig. Doch nicht nur aus dem Mund der Gegner, auch Ralph Hasenhüttl, seines Zeichens Trainer beim FC Ingolstadt, gab bereits vor dem Saisonbeginn, im August 2015, die Losung aus: „Wir dürfen ruhig ekelhaft bleiben und unbequem zu bespielen sein. Die anderen dürfen ruhig kotzen, wenn sie gegen uns verlieren.“ Doch bei aller Kritik sollte nicht vergessen werden, wo die Mannschaften eigentlich herkommen. Richtig: Aus der 2. Bundesliga. Im Unterhaus geht es nicht selten wesentlich rauer zu als in der Eliteklasse. Ohne Kampf und Disziplin ist es keiner Mannschaft vergönnt, lange zu bestehen. Und seit dem Aufstieg der Frankfurter unter Armin Veh 2012 ist schon lange nichts Gutes mehr aus der 2. Liga gekommen. Denken wir nur an den 1. FC Köln: Die Jecken stiegen mit sensationell wenig Toren auf und in der 1. Bundesliga änderten sie an ihrem Konzept nichts. In der Vorsaison stellten sie sogar einen neuen Rekord auf: Keine Mannschaft hatte bis dahin öfter 0:0 gespielt als der 1. FC Köln. Doch Köln ist etabliert – Ingolstadt und Darmstadt eben nicht.

Die Großen haben es vorgemacht

Warum sollten die Lilien oder die Ingolstädter auch ihre Art zu spielen ändern? Solange es funktioniert ist alles in zumindest für die eigene Mannschaft. Beispiele weitaus bekannterer Mannschaften, die ganz ähnlich spielten, gibt es genügend.

  • FC Chelsea
  • Griechische Nationalmannschaft

Der FC Chelsea unter Roberto Di Matteo 2012. Hier galt die Losung: Wer sich mit dem Ball über die Mittellinie verirrt, der hat was falsch gemacht. Ballbesitz spielte bei den Blues damals keine Rolle, der Gegner sollte das Spiel machen. Die wenigen Chancen wurden dann mit Effektivität genutzt. Und es funktionierte: Auf diese Weise wurde der FC Barcelona geschlagen und danach dann der FC Bayern München – am Ende stand der Gewinn der UEFA Champions League. Und auch Otto Rehagel machte es mit der griechischen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2004 nicht anders. Nach der Vorrunde konnte die Mannschaft in der K.O.-Runde jedes Spiel mit 1:0 gewinnen, alle Treffer fielen nach Standards und per Kopf. Sogar einen Libero setzte König Otto ein. Auf Kritik reagierte er mit Sprüchen wie „Modern ist, wenn man gewinnt“. Und schließlich ist es das, worum es im Fußball wirklich geht: Ums gewinnen.

Die Unterschiede zwischen den Lilien und den Schanzern

Was auf den ersten Blick wie eine Zwillingsmannschaft aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen allerdings als zweieiiger Zwilling. Denn die Unterschiede zwischen Ingolstadt und Darmstadt sind dann doch größer, als zunächst zu erkennen ist. Das wird schon am Werdegang deutlich. Die Entwicklung des FCI begann 2004 in der Bayernliga, wurde dann aber kontinuierlich vorangetrieben – aus dem Hintergrund. Bei den Lilien lief es völlig anders. 2013 befand sich die Mannschaft noch am Rande zur Regionalliga, doch dann ging es explosionsartig bergauf. Der Verdacht entsteht, dass Darmstadt schon lange über seinen Möglichkeiten spielt – lange geht dieses Konzept wohl nicht mehr gut. Das zeigt sich momentan sehr deutlich, seit acht Spielen hat die Mannschaft nicht mehr gewonnen und hält sich nur mit Unentschieden über Wasser. Bei den Schanzern ist die Etablierung in der 1. Liga eine fest geschriebene Sache. Im Hintergrund agiert der große Audi-Konzern, ohne weiteres konnte sich der Verein mit dem 2,5 Millionen teuren Dario Lezcano verstärken. Die Lilien beißen sich viel intensiver durch und haben mehr den Blick für Tradition. Dieser verklärte Blick auf längst vergangene Zeiten macht sich schon im heimischen Stadion bemerkbar:

  • Fast nur Stehplätze
  • Nur eine überdachte Tribüne
  • Spartanische Umkleidekabinen

So geht es für die beiden Mannschaften weiter

Für die Zukunft der beiden Mannschaften stehen somit auch zwei völlig unterschiedliche Szenarien zur Verfügung. Wir wagen für beide Vereine einen Ausblick für die kommenden Jahre. Als gutes Beispiel dienen uns hierbei der 1. FC Köln und der SC Paderborn. Die Schanzer werden es wohl wie die Kölner machen – sie werden sich mittelfristig in der Tabellenmitte festsetzen und einige ereignisreiche Jahre in der 1. Bundesliga verbringen. Für den SV Darmstadt sehen wir eine andere Zukunft. Wie der SC Paderborn werden sie entweder nach der jetzigen Saison, spätestens aber nächstes Jahr, wieder in die 2. Liga absteigen. Ob sie sich dann dort etablieren können oder wie jetzt der SCP eventuell wieder ganz in der Versenkung verschwinden, das wagen wir an dieser Stelle noch nicht vorherzusagen. Foto: flickr.com/Ungry Young Man

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