Die deutsche Fußball-Bundesliga lockt mit ihren Spielen zig Tausende ins Stadion und Millionen von Zuschauern vor die Fernseher bei Sky; auch die Sportschau am Samstag im ARD und die Sportreportage im ZDF am Sonntag lässt sich kein Fan entgehen. Auch die Spiele der spanischen Primera Division oder der englischen Premier League sind bei deutschen Fußballfans beliebt. Was sich die Premier League jetzt mit ihrem neuen TV-Vertrag geleistet hat, könnte allerdings dem europäischen Fußball einen nachhaltigen Schadenzufügen. Schon immer fließt in der Premier League viel Geld, die besten Spieler der Welt werden eingekauft, da ist es keine Kunst, guten Fußball zu spielen. Mit dem neuen TV-Vertrag setzt die Premier League noch einen drauf: Sie sorgt dafür, dass europäische Top-Ligen ihre besten Spieler loswerden, denn diesen Angeboten mit Ablösesummen in zweistelliger Millionenhöhe und Traumgehältern kann kaum eine Mannschaft und kaum ein Spieler widerstehen. Doch wohin führt dieser Transferirrsinn? Können Fußballer wirklich 80 oder 100 Millionen Euro Wert sein?
Der englische TV-Vertrag – die Hintergründe
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Geht es um Weltfußball und um Top-Ligen, darf die englische Premier League nicht fehlen. Die Mannschaften der Premier League rangieren weit vorn, wenn es um Fußball auf europäischem Parkett wie die Champions League oder deren kleineren Bruder, die Europa League, geht. In den Vereinen der Premier League fließt viel Geld, der finanzielle Vorsprung bringt den Vereinen viele Vorteile. Sogar Kleinstvereine kassieren mehr Geld als deutsche Top-Vereine der Bundesliga. Da ist es kein Wunder, dass Top-Spieler der Bundesliga abwandern. Einerseits werden Spieler von Top-Jahresgehälter angelockt, andererseits wird mit horrenden Ablösesummen viel Geld in die Kassen der deutschen, aber auch der spanischen oder französischen Vereine gespült. Der neue TV-Vertrag bringt der Premier League noch einen weitaus größeren finanziellen Vorsprung.
Alles begann bereits im November 2005 in Brüssel. Die EU-Kommission legte fest, dass die Rechte an Live-Übertragungen der Premier League künftig auf mindestens zwei TV-Sender aufgeteilt werden müssen. Der Bezahlsender Sky hatte bislang das Monopol an Übertragungen, wenn es um internationalen Fußball und auch die englische Premier League ging. Der Sender Setanta brach dieses Monopol, indem er die Rechte an der Übertragung eines Teils der Live-Spiele erhielt. Die jährlichen Erlöse des Senders kletterten von ursprünglich 341 Millionen Pfund auf 569 Millionen Pfund. Diese Regelung lief zwar im Jahre 2012 aus, doch gelang es der Premier League, weiterhin an dem Prinzip festzuhalten und die Spiele von zwei TV-Partnern austragen zu lassen. Mit ihrem neuen TV-Vertrag stößt die höchste englische Spielklasse in neue Dimensionen vor. Sie hat sich für die Spielzeiten 2016 bis 2019 einen finanziellen Vorteil von mehr als 6,9 Milliarden Euro gesichert, und das nur für die nationale TV –Übertragung. Gegen diese Summen erscheinen die Einnahmen der Deutschen Fußball Liga (DFL) für die Saison 2016/17 mit 835 Millionen Euro inklusive der Auslandsrechte einfach mickrig. Lediglich die US-Football-Liga NFL kann die Premier League noch toppen, denn sie kassierte allein in der letzten Saison ca. 7,4 Milliarden Euro. Profitieren konnte die Premier-League von einem Bieter-Wettstreit der TV-Größen British Telecommunications und Sky. Die beiden Sender teilen sich die Rechte. Allein die Auslandsvermarktung bringt schon zusätzliche 2,6 Milliarden Euro. Im neuen TV-Vertrag sind pro Saison 168 Spiele enthalten.
Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht
Sky hat in der Saison 2013/14 mit dem früheren Staatsunternehmen British Telecom einen äußerst finanzstarken Konkurrenten erhalten. Das Paket an den Rechten der TV-Übertragungen stieg in seinem Wert auf eine Milliarde Pfund an. Das war allerdings längst noch nicht alles, denn ab der Saison 2016/17 zahlen Sky und British Telecom zusammen 1,7 Milliarden Pfund pro Saison für 168 Live-Partien, das macht 2,3 Milliarden Euro aus und bedeutet einen Zuwachs von gut 70 Prozent. Selbst Richard Scudamore, der Chef der Liga, ist davon überrascht. Jedes einzelne Spiel aus der englischen Eliteklasse kostet die Sender ab 2016 durchschnittlich 13,6 Millionen Euro. In der deutschen Bundesliga werden pro Jahr für die erste und zweite Bundesliga nur 690 Millionen Euro für die Liverechte gezahlt; Sky Deutschland zahlt für jedes von 612 gezeigten Spielen durchschnittlich nur 1,1 Millionen Euro. Hier wird schon ein deutlicher Wettbewerbsunterschied deutlich.
Frage nach der Finanzierung
Angesichts dieser Zahlen drängt sich die Frage nach der Finanzierung auf, vor allem kommt es darauf an, wie die Konzerne ihre Ausgaben refinanzieren können. Die Konzerne müssen allerdings mit der Premier League kein Geld verdienen, denn British Telecom verteidigt seinen Kundenstamm, indem sich der Sender an den Toren aus Old Trafford bedient. British Telecom Sport ist ein reiner Sportsender, den die britischen Zuschauer zum Nulltarif erhalten. Für den Bezahlsender Sky ist die englische Premier League einfach ein Zugpferd, denn allein mit einem einzigen Abo ohne Sportkanäle kassiert der Sender monatlich 23 Euro. Weitere Dienste kommen mit
- Mobilem Fernsehen
- Internet
- Telefon
hinzu. Es ist unschwer, abzuschätzen, was der Kanal, den 15,8 Millionen Kunden aus Großbritannien und Irland abonniert haben, einnimmt – also arbeitet der Bezahlsender nicht nur kostendeckend, sondern er macht auch noch ein beachtliches Plus. Zusätzlich kassiert der Kanal noch an Auslandsrechten. Nicht nur Sky, sondern auch die Premier League und die Vereine kassieren an den TV-Rechten, die englische Top-Liga kann sich millionenschwere Transfers leisten. In jeder Saison werden die 20 Eliteklubs mindestens 3,5 Milliarden Euro einnehmen. Selbst der Tabellenletzte könnte pro Saison noch 133 Millionen TV-Gelder einnehmen, während der Tabellenerste 210 Millionen Euro pro Saison kassiert. Dagegen sind die Einnahmen des deutschen Top-Ligisten FC Bayern München mit knapp 50 Millionen Euro pro Saison aus der TV-Vermarktung einfach mickrig. Es ist da kein Wunder, dass für den Transfer von Roberto Firmino von Hoffenheim zu Liverpool 41 Millionen Euro gezahlt wurden. Die Premier League zahlt für Transfers allerdings noch weitaus mehr, denn Manchester United bot Thomas Müller von Bayern München 80 bis 100 Millionen Euro. Manchester City bietet für den Transfer von Kevin De Bruyne vom VfL Wolfsburg 80 Millionen Euro. Viele Mannschaften der deutschen Bundesliga haben Top-Spieler, doch fehlt ihnen das nötige Kleingeld. Auch ein Bastian Schweinsteiger wird bei Manchester United sicherlich nicht weniger verdienen als bei den Bayern – auch wenn er die 30 schon überschritten hat. Es ist da kein Wunder, dass sie sich die Millionen-Einnahmen durch Transfers nicht entgehen lassen, um ihre Vereinskassen aufzubessern. Wem mit solchen Summen für Transfers aber gedient ist, lässt sich durchaus zwei Mal hinterfragen.
Die Bedeutung des Deals für die Premier League
Die englische Premier League würde diesen Deal mit den beiden Sendern nicht eingehen, wenn er nicht sportlich eine herausragende Bedeutung hätte. Die Gehälter der Spieler werden durch den Inflationsdruck stark ansteigen, selbstverständlich fühlen sich einige Bundesliga-Spieler davon angezogen. In naher Zukunft dürften junge britische Nationalspieler wie Raheem Sterling vom FC Liverpool jährlich weit mehr als zehn Millionen Euro verdienen. Der erste Transfer über 100 Millionen Pfund dürfte nicht mehr weit entfernt sein. Allerdings erhöhen die gestiegenen Kosten für das Personal nicht automatisch die Qualität der Mannschaften und der Spiele, auch wenn es sich die Clubs leisten können, Top-Spieler aus dem Ausland einzukaufen. Die Transfers machen es den einheimischen Talenten in den nächsten Jahren schwer, denn selbst die kleineren Vereine wie ein FC Burnley können sich internationale Spitzenprofis von ausländischen Vereinen leisten. Auf die einheimischen Spieler wirkt sich diese Tatsache sehr negativ aus, denn die Vereine streben nicht mehr danach, ihre eigenen Talente auszubilden. Viel einfacher ist es, für viel Geld neue Spieler aus dem Ausland einzukaufen. Der Liga-Chef Scudamore sagt, dass Burnley in finanzieller Hinsicht bereits stärker ist als beispielsweise der niederländische Serienmeister Ajax Amsterdam. Die Clubs werden vorrangig von ausländischen Investoren kontrolliert; fraglich ist, ob sie sich zu größeren Investitionen im Nachwuchs- und Amateurbereich zwingen lassen.
Vermarktung als wichtigstes Ziel
Liga-Chef Scudamore bezeichnet nicht die Jugendarbeit der Vereine als wichtigstes Ziel, sondern die Spielstätten, die Zuschauer anlocken sollen. Wichtig ist daher die richtige Vermarktung des Produkts, besonders im Ausland. Dort werden prall gefüllte Arenen gebraucht. Die Einnahmen aus den Kartenverkäufen machen anteilig immer geringere Summen aus, da ist zu erwarten, dass Fan-Gruppierungen mit der Unterstützung von Politikern eine Reduzierung der Preise anstreben werden. Die TV-Experten Gary Neville und Jamie Carragher strebten an, dass subventionierte Karten nicht mehr als zwanzig Pfund kosten sollten. Ab 2016 gewinnen die Spiele am Freitagabend eine zusätzliche Brisanz. Am Ende dürfte dieser Boom allerdings auf Kosten der britischen Zuschauer auslaufen, denn sie müssen höhere Abo- und Internetpreise bezahlen. Für Spieler und Trainer ergeben sich geringere Berufschancen. Die Briten haben sich bereits mit der Situation arrangiert, denn sie sind stolz auf ihre Landsmänner in der Premier League, wie Umfragen ergeben haben. Scudamore sagt, dass die Leute ein gutes Gefühl erhalten, auch wenn die Premier League ein „überzüchtetes, nimmersattes Monster“ sein dürfte – doch sie ist eben das Monster der Briten.
Im englischen Fußball fließt Geld
Mit ihrem neuen TV-Vertrag für die Inlandsvermarktung konnte die Premier League für ihre Klubs einen millionenschweren Deal verkünden. Sky und British Telecom Sport zahlen von 2016 bis 2019 insgesamt 5,136 Milliarden Pfund, was umgerechnet ca. 6,9 Milliarden Euro ausmacht. Sky hat sich die Rechte an sieben TV-Paketen für 4,2 Milliarden Pfund gesichert, die anderen beiden Pakete erhielt British Telecom Sport für 960 Millionen Pfund, das übertraf deutlich die Rekordmarke für die Jahre 2013 bis 2016 von 3,018 Milliarden Pfund. Die Summe von 4,4 Milliarden Pfund, mit der Insider gerechnet hatten, wird mit dem neuen TV-Vertrag deutlich überboten.
Geradezu mickrige Gehälter bei der Bundesliga
Die Einnahmen der Bundesliga durch TV-Geschäfte fallen im Vergleich zur englischen Premier League nahezu bescheiden aus. Im April 2012 schloss die Bundesliga einen Vertrag über vier Jahre für die Inlandsvermarktung und nahm dafür 2,5 Milliarden Euro ein. Bis zur Saison 2016/17 sind das im Schnitt 628 Millionen Euro; davon zahlt der Bezahlsender Sky fast 80 Prozent. Sky hat sich die Rechte an allen Bundesliga-Spielen live gesichert, Übertragungen mit Bundesliga-Beteiligung oder Ausschnitte von Bundesliga-Spielen oder 2. Bundesliga werden auch auf
- Sport 1
- ARD
- ZDF
gezeigt.
Fans in die Stadien locken
Ab der übernächsten Saison zeigt Sky in England pro Saison 126 Partien, bei British Telecom Sport sind es 42 Partien. Die Rechtekosten belaufen sich auf ca. 13,45 Millionen Euro pro Spiel. Liga-Chef Scudamore versicherte allerdings, dass die Vereine alles tun werden, um die Fans weiterhin in die Stadien zu locken. Es ist jedoch noch unklar, ob Sky die Abo-Preise für die Premier League erhöhen wird. Gespannt aber darf verfolgt werden, wie sich der Transferirrsinn weiterentwickelt. Bald schon wird es in den Wettbüros sicherlich die ersten Wetten darauf geben, wann mehr als 100 Millionen für einen Spieler von einem englischen Premier League Club ausgegeben werden…
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