Der Stern am Ostclub-Himmel zuerst
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Der FC Union Berlin hält – entgegen seiner Mitstreiter – auch in dieser Saison an der 2. Bundesliga fest. Als einziger der Ostclubs kann er sich derzeit in dieser Liga über Wasser halten. Acht weitere Clubs kicken weiterhin in nur halbgefüllten und schlecht bezahlten 3.-Liga-Spielen. Was in Zeiten der DDR noch unmöglich schien, scheint nun für die Berliner um Mario Grönert wahr zu werden. Offiziell ist er seit 42 Jahren wichtiges Mitglied des FC Union. Er hat den Wandel des einst belächelten Vereins hautnah erlebt und freut sich nun umso mehr, dass der Verein jetzt einen Monopolplatz belegt. Trotz aller Euphorie ist den Berlinern aber auch in der letzten Saison nicht der Sprung in die 1. Bundesliga geglückt.
Was machen die Vereine falsch?
Angesichts der aktuellen Schieflage des Weltfußballs drängt sich die Frage auf, ob die Ostclubs vielleicht einfach nicht genügend Geld in die Hand nehmen, um die Entscheidungsträger der 1. Bundesliga zu schmieren. Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig, denn Korruption scheint im Fußball zur Tagesordnung zu gehören. Womöglich liegt das desaströse Abschneiden der Ostclubs ja an diesem kleinen, aber wichtigen Faktor. Das würde jedoch auch bedeuten, dass allein mit einem guten Spiel kein Pokal mehr zu gewinnen ist. Richtig gemacht hat es auf jeden Fall der 1. FC Magdeburg Zuletzt verschaffte den Magdeburgern der Sieg gegen Offenbach die Möglichkeit, einen Fuß in die 3. Liga zu setzen. Über diesen Erfolg freuten sich natürlich nicht nur Spieler und Fans. Doch bedenkt man, dass sie eigentlich gar keine andere Möglichkeit haben, sich über einen sagen wir mal so – kleinen Schritt – zu freuen, könnte ein Außenstehender sogar in leichtes Mitleid verfallen. Bei Vereinen wie Stahl Eisenhüttenstatt hat man sich schon längst mit der Teilnahme an der Brandenburg Liga angefreundet. Jena und Lok Leipzig machten in der Vergangenheit ebenfalls eher durch Abstürze von sich Reden, als mit Erfolgen zu glänzen. Die Ostclubs geben sich heute mehr oder weniger in der 6. Klasse und in der Regionalliga die Klinken in die Hand. Ein Vorteil hat dies jedoch – so sind sie zumindest unter Gleichgesinnten. Alle haben wahre Abstiegsmartyrien hinter sich, nachdem sie noch in Zeiten der DDR große Siege erspielt haben.
Die Antwort liegt (u. a.) in der Konkurrenz aus dem Westen
In der DDR war die Spielqualität der Vereine das Non-Plus-Ultra. Wie die Vereine im Westen spielten, war nicht gerade hinlänglich bekannt. Mit dem Fall der Mauer standen sich nun plötzlich Vereine gegenüber, die in ihren Spielzügen und Taktiken nicht mehr vergleichbar waren. Die Spieler im nun wiedervereinten Deutschland besuchten in der Zeit der Trennung in BRD und DDR grundverschiedene Fußballschulen. In den Ostclubs hat man lange Zeit schlichtweg auf das falsche Personal gesetzt, sowohl auf den Fußballplatz als auch dahinter. Aber ein besonders entscheidender Faktor ist, dass den Ostclubs einfach das nötige Kapital fehlt. Es ist bekannt, dass sie „nur“ von mittelständischen Unternehmen gesponsert werden. Diese Geldbeträge können jedoch niemals dafür ausreichen, sich wirklich gute und erfolgreiche Spieler einzukaufen. Einfach gesagt, müssen Sie mit den Spielern auskommen, die sie bezahlen können. Das sind jedoch in der Mehrzahl auch jene, die keinen Weltfußball spielen, deren Können lediglich für die unteren Profi-Ligen ausreicht, zum Bedauern manchmal auch nur für die Regionalliga.
Die tragende Rolle des DFB
Ja, für alle, die es nicht glauben mögen: Der DFB hat großen Anteil daran, dass es der Ostfußball nach der Wiedervereinigung schwer hatte, überhaupt in der Bundesliga Fuß zu fassen. Es war unausgesprochener Wille des DFB, die Ostclubs zunächst nicht in die Bundesliga zu integrieren. Mit aus dem Westen geschickten Fußbällen und Netzen sah sich der DFB als Wohltäter – mehr aber auch nicht. Ähnlich, als wenn man einem Kaninchen ein paar Körner hinwirft, um es anzufüttern. Für diese Aussage wurde der seinerzeitige DFB-Präsident Egidius Braun nicht gerade mit Lob überschüttet. Doch Gott sei Dank spielte die Politik den Ostclubs im Jahr 1991 in die Karten und machte es möglich, zumindest Hansa Rostock und Dynamo Dresden in die Bundesliga zu integrieren. Letztlich hat der DFB mit dem Ausverkauf der wirklich guten Spieler aus dem Osten dafür gesorgt, dass die einst erfolgreichen Vereine ihre Grundlage verloren. Wie man sieht, spielte auch hier wieder Geld eine sehr wichtige Rolle. Den Spielern selbst ist es auch nicht zu verübeln, zu besser bezahlten Jobs in die Bundesliga zu wechseln. Einer von ihnen war Matthias Sammer. Er wurde im Laufe seiner Karriere bei Stuttgart und Dortmund zu einem großen Namen im Fußball. Er schaffte den Sprung von der DDR-Mannschaft in die großen Vereine, ebenso wie Ulf Kirsten und Andreas Thom. Die Trainer aus dem Osten wollten Westvereine natürlich nicht haben. Zu schlecht war ihnen deren Können. Dass einige Trainer aus dem Westen versuchten, Ostclubs aus dem Abstiegskampf zu befreien, soll jedoch nicht vergessen werden. Leider konnten sie dieses Vorhaben mehr schlecht als recht verwirklichen.
Der Wille und die Sehnsucht ist da
Die Ostclubs lassen sich Einiges einfallen, um wieder ganz nach vorne oder zumindest konkurrenzfähig zu werden.
- Sie bauen neue Stadien und
- leiten Deals mit großen Unternehmen ein.
Traurig ist, sie möchten ja gern, aber können nicht. Aus unserer Sicht dürften sie sich riesig darüber freuen, wenn nur ein Spieler als Hoffnungsträger einen Ostclub unterstützen würde. Einer, der sie beim Aufwärtskampf gehaltvoll unterstützen kann. Vielleicht aber auch ein Trainer, der befähigt ist, aus seinen Spielern alles herauszuholen. Vielleicht ist unter ihnen ja einer, der zwar das Potenzial hat, seinen Verein in die 1. Bundesliga zu bringen, jedoch nicht die nötige Grundlage erhält, sein Potential auszuschöpfen. Vielleicht sitzen solche Leute ja sogar auf den Ersatzbänken und werden mangels Wissens von ihrem Trainer an der kurzen Leine gehalten. Vielleicht sollten die Trainer ihren Spielern – ganz Joachim Löw like – bunte Gummibänder und lustige Hindernis-Parcoure zur Verfügung stellen und alternative Trainingsmethoden etablieren. Ganz im Ernst: Die Spieler geben trotz der wenig anerkannten unteren Ligen alles, um ihre Vereine nach vorn zu bringen. Wenn das Geld fehlt, sollte an der Basis gearbeitet werden, dann kommt das Kapital von allein und bringt vielleicht tolle Spieler mit sich.
Besteht noch Hoffnung für die gestürzten Ostclubs?
Wohl eher nicht. Außer dem FC Union Berlin, dürften die übrigen Ostclubs in den kommenden Saisons weiterhin im unteren Lever herumtingeln. Viele Faktoren tragen dazu bei, dass ihnen ein Aufstieg schlichtweg nicht möglich sein wird. Egal ob die Spieler- und Spielqualität, das fehlende Kapital oder die nicht vorhandene Konkurrenzfähigkeit – allesamt tragen nicht dazu bei, den Vereinen aus ihrem Trümmerfeld zu helfen. Vielleicht führen aber auch die Namen der Vereine dazu, dass sie unter den übrigen Bundesligisten schlichtweg nicht ernst genommen werden. Namen wie Lok (Leipzig) Stahl (Eisenhüttenstadt und Brandenburg), geben wohl eher Informationen über das seinerzeitige Stahl- und Lokgewerbe, als die wirklich großen Vereine und Spieler zu bezeichnen. Jedenfalls kann unter den 1. Bundesligisten eine derartige Bezeichnung nicht gefunden werden. Ein kleines Manko, das vielleicht sogar große Wirkung hat. Denn solche Vereine werden gern als Hobby-Vereine abgewertet.
Endstation 3. Liga
Es ist nicht anders zu erwarten, die Ostclubs werden sich bis auf kleinere Ausnahmen wie FC Union Berlin, in der 3. Liga versammeln. Ein Positives hat es jedoch: Nun sind sie auch endlich wiedervereint und spielen unter sich mit gleicher Qualität – dann sind vielleicht auch wieder innerhalb der Liga kleine und große Erfolge möglich. Dass sich jemals wieder ein Verein in die 1. Bundesliga verirrt, ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Um dieses Ziel zu verwirklichen, braucht es mehr, als nur eine traditionsreiche Spielkultur. Top-Spieler, passende und erfahrene Führung, gute wirtschaftliche Lage und die richtige Politik sollten schon vorhanden sein, um die Ostclubs in der 1. Bundesliga konkurrenzfähig zu machen. Und genau an diesen Faktoren hapert es seit mehr als 25 Jahren. Die Vereine haben es – mehr oder weniger unverdient – nicht geschafft, ihren Kurs zu wechseln, deshalb wird es für sie nun schwierig sein, das Ruder noch einmal rumzureißen. Dieser Zug dürfte abgefahren sein. Vielleicht gehen aus dem ja durchaus erfolgreichen FC Union Berlin eine Hand voll Spieler hervor, an denen Westclubs Interesse zeigen. Weil sie nun ihr Können in der 2. Liga unter Beweis stellen, dürfte die Wahrscheinlichkeit groß sein, dass einer der Top-Trainer ein Auge auf sie wirft. Solch ein Sprungbrett ist bei den Regionalligisten jedoch unter extrem unwahrscheinlich zu verbuchen. Man sollte aber niemals nie sagen. Es gab schon eine ganze Menge kleiner Lichter, die mit ihrem Können zufällig große Vereine überzeugten und nun dort spielen.
Fotos: (C)Wettbuero.de