Abstieg 2004 war der Anfang vom Ende
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Angefangen hatte das ganze Dilemma wohl damit, dass man sich als Co-Partner am Bau der Allianz-Arena beteiligte. Damals war man noch gestandener Erstligist. Doch 2004 ereilte die Löwen der Abstieg. Ein Unfall, schnell zu reparieren, schien es damals. Doch weit gefehlt. Tatsächlich gelang seitdem der Wiederaufstieg nicht mehr, damit ist die Allianz-Arena viel zu groß für die Löwen aus Giesing. Nur ein einziges Mal, nämlich in der ersten Saison nach dem Abstieg, erreichte man überhaupt Rang 4 und verpasste den Aufstieg nur recht knapp. Zuletzt musste man sogar in die Relegation gegen Drittligist Holstein Kiel, um die Klasse in der 2. Bundesliga zu halten. Das gelang nur mit Mühe und Not.
Doch schon seit Jahren zuvor fuhrwerkt Hasan Ismaik bei dem Club herum, genauer gesagt seit 2011. Was den Club wieder nach vorne und mindestens in die 1. Bundesliga, wenn nicht gar in den Europapokal bringen sollte, entpuppte sich bislang als absolutes Eigentor. Mit immer wieder höchst bizarr anmutenden Statements, so seltsamen wie ungeduldigen Personalentscheidungen und ebenso merkwürdigen Stellvertretern hat Ismaik den Karren bislang nur noch weiter in den Dreck gefahren. Und das, obwohl durch ihn ja mehr Geld für 1860 München zur Verfügung steht als bei den meisten anderen Zweitligisten.
Teure Personalrochaden ohne Ende
Ständige Fluktuation herrscht bei diesem inzwischen allerorten als Chaosclub titulierten Verein nicht nur auf der Trainerbank. Dort hatte man seit 2013 nicht weniger als 10 (!) verschiedene Trainer im Amt. Selbst wenn hier auch die Interimstrainer mitgezählt werden – kein Trainer hat je das Ende einer Saison erlebt in dieser Zeit. Der letzte Trainer, der länger als nur wenige Monate im Amt war, war Rainer Maurer von 2010 bis 2012. Also genau vor der Zeit, in der Ismaik begann, bei den Entscheidungen von 1860 München mitzumischen.
Doch auch in den Bereichen Manager und Sportdirektor herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wahrlich ein echtes Chaos. Dazu kommt immer wieder die sportliche Krise. Auch aktuell befindet man sich wieder im freien Fall, steht nur auf Rang 14 der Tabelle. Nach der jüngsten Niederlage musste dann Trainer Kosta Runjaic gehen. Der neue Sportdirektor Eichin wurde von Investor Ismaik in einer Pressekonferenz vor laufender Kamera degradiert und fragt sich sicher auch, wo er hier hineingeraten ist.
Lächerlicher Presseboykott wird von Presse gekontert
Dem ganzen die Krone setzte aber die jüngste Entscheidung des Clubs auf: Man boykottierte die Presse. Diese war nicht mehr zum Training zugelassen, man beantwortete bei den Löwen keine Fragen mehr. Als sei die Presse Schuld daran, dass man bei 1860 München offenbar nicht weiß, wie man seriös einen Fußballverein führt! Wären nicht all die Eskapaden zuvor schon Indizien genug gewesen, dass der Club tatsächlich völlig unseriös agiert (jeder Trainer- und Manager-Rauswurf kostet zudem schließlich ordentlich Geld), so schoss 1860 München mit diesem Gebaren den Vogel völlig ab. Immerhin hatte man rasch ein Einsehen, dass man eventuell ein wenig übers Ziel hinausgeschossen war. Unter der letzten Woche wurde die Entscheidung zum Boykott der Presse revidiert.
Die lokale Presse in München revanchierte sich auf ihre – mehr als nachvollziehbare – Weise: Sie blieb der Pressekonferenz vor dem nächsten Spiel in der 2. Bundesliga einfach fern. Schließlich hatte sie nun mal tatsächlich keinen Anteil daran, dass der TSV 1860 München von einer Krise in die nächste schlingert. Auch dies wird sich wahrscheinlich wieder einrenken, man lebt bekanntlich voneinander. Ohne Presse kaum Aufmerksamkeit für 1860 München, und ohne 1860 München weniger Interessenten an den Produkten der Presse.
Sinn und Zweck des Boykotts bleiben im Dunkeln
Vorerst stellt sich allerdings die drängende Frage, was man bei 1860 München eigentlich mit diesem Presse-Boykott bewirken wollte. Wollte man mit diesem Boykott weitere negative Berichterstattung verhindern? Wollte man neue Schlagzeilen produzieren, die von der eigenen Krise – sowohl sportlich als auch in Bezug auf die Clubführung – ablenkt? Denkbar ist alles, sicher erfahren wird man es nie.
In jedem Fall ging es in der letzten Woche dann gleich dort weiter, wo man aufgehört hatte. Während Präsident Cassalette beinahe in Armin Veh einen neuen – und nicht zuletzt sehr erfahrenen – Trainer schon verpflichtet hatte, verkündete Ismaik, dass man sich sehr um Slaven Bilic als Nachfolger von Kosta Runjaic bemühen werde. Dass dieser zur Zeit noch bei West Ham United unter Vertrag steht, dass er dort fast 4 Millionen Euro im Jahr verdient, das schien für Ismaik alles kein Problem zu sein.
Freikarten-Aktion ist die nächste Posse
Zudem wartete Ismaik mit noch einer weiteren Posse auf: Schuld an mangelnden Einnahmen seien zu viele verteilte Freikarten. Diese werde es ab sofort nur noch für verdiente Ex-Spieler von 1860 München geben. Wer es sich allerdings finanziell nicht leisten könne, das Ticket für die Allianz-Arena zu kaufen, soll Ismaik persönlich (!) emailen. Man werde dann entscheiden, welche der Bittsteller dennoch eine Freikarte erhalten werde. Anzugeben waren die Gründe an eine gmail-Adresse, also weder an Ismaik tatsächlich noch an eine mit dem Verein verbundene. Die nächste Aktion, die an Amateurhaftigkeit nicht zu übertreffen ist, nachdem man erst in dieser Woche den so obskur anmutenden Presse-Boykott wieder aufgehoben hatte.
Im Komödienstadl vom TSV 1860 München braucht man aber ganz sicher nicht lange darauf zu warten, bis der nächste Klamauk produziert werden wird. Beinahe stündlich, zumindest aber wöchentlich kann man von neuen Eskapaden ausgehen. Nur die sportliche Krise, die wird seit Jahren nicht bewältigt. Mit derartiger Unruhe rund um den Club wäre es auch kein Wunder, wenn es diese Saison erneut nur gegen den Abstieg geht. Und wer ständig nur 14., 15. oder 16. wird, der darf sich auch nicht wundern, wenn es dann einmal mit dem Klassenerhalt nicht klappt. Schuld wird dann jedenfalls ganz sicher nicht die Presse gewesen sein, auch wenn man bei 1860 offenbar gerne einen Sündenbock von außerhalb sucht.